Eine rein digitale Messe ist auch für die ISPO Munich eine neue Erfahrung. outdoor.markt sprach mit Dr. Jeanette Friedrich, Global ISPO Group Director, über die größten Herausforderungen und ihre Erwartungen.
outdoor.markt: Hallo Frau Friedrich, wie ist bis jetzt die Resonanz auf das Angebot der digitalen Messe? Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie – sowohl bei Ausstellern als auch Besuchern?
Jeanette Friedrich (Foto): Die Rückmeldungen unserer Kunden sind bisher sehr gut. Viele von ihnen bestärken uns in unseren neuen Konzepten und darin, unsere Digitalangebote auszubauen. Zwar haben einige Unternehmen der Branche im vergangenen Jahr eigene digitale Meeting- und Konferenzformate geschaffen, doch nur eine unabhängige Plattform wie die Messe bringt die Branche in ihrer Gesamtheit zusammen – physisch wie digital.
Kann man feststellen, dass bestimmte Segmente stärker vertreten sein werden als andere, oder größere Unternehmen eher als kleinere? Wie stark ist speziell das Interesse der Unternehmen mit Schwerpunkt Outdoor an der digitalen Messe?
Zu den teilnehmenden Unternehmen gehören sowohl kleinere Unternehmen und Start-ups als auch etablierte Branchengrößen wie die Outdoor-Brands Adidas Terrex, Columbia Sportswear, Helly Hansen, Icebreaker, La Sportiva, Lowa, Mammut, Primaloft und Vaude. Damit repräsentieren wir zur Veranstaltung auch in dieser Hinsicht die gesamte Bandbreite der Branche.
Wie stark ist die internationale Beteiligung?
Auch zur digitalen Ausgabe der ISPO Munich ist es uns gelungen, eine hohe internationale Beteiligung zu erreichen: Unsere Aussteller stammen aus mehr als 30 Ländern.
Was sind die größten Herausforderungen dieses digitalen Formats?
Am wichtigsten ist es, zu verstehen, dass physische Veranstaltungen nicht eins zu eins in den virtuellen Raum übersetzt werden können. Das gilt sowohl für die Technik als auch für die Programmgestaltung. Viele der Besucher ziehen sich nicht, wie bei einer physischen Veranstaltung, ganz aus dem Tagesgeschäft heraus, sondern konsumieren digitale Inhalte oftmals nebenbei. Hat man dies verinnerlicht, lässt sich auch digital ein holistisches Erlebnis für alle Teilnehmer schaffen. Bei großen Branchentreffen zählen jedoch nicht nur die Geschäftsanbahnungen. Gerade in der Sport- und Outdoor-Branche sind der Community-Gedanke und das Gemeinschaftsgefühl ebenfalls relevant. Zweiteres können rein digitale Formate nur bedingt vermitteln. An dieser Stelle das bestmögliche Erlebnis zu schaffen ist mit die größte Herausforderung. Wir arbeiten an unterschiedlichen Formaten und Funktionen, die sowohl den geplanten Austausch mit bestehenden als auch das spontane Treffen mit neuen Kontakten ermöglichen.
Sehen Sie die Online-Messe als eine reine „Notlösung“ – oder gibt sie auch einen Schub für künftige Messeformate?
Die Kern-Funktion einer Messe ist es, alle Branchenmitglieder in Bezug auf ihr Know-how, ihre Bedürfnisse und Ideen genau dort abzuholen, wo sie gerade stehen – und ihnen eine passende Plattform zu bieten, ihr Business und ihre Visionen erfolgreich voranzubringen. Digitale Angebote sind dabei eine wertvolle Ergänzung. Der persönliche Kontakt lässt sich jedoch nicht komplett ersetzen. Denn Leitveranstaltungen wie die ISPO Munich leben mit vom zufälligen Kennenlernen, spontanen Treffen und Diskutieren, vom Anfassen der Produkte, der Stimmung in den Hallen und dem Gemeinschaftsgefühl. So spiegeln es uns auch die Kunden wider. Der Hybrid-Gedanke wird entsprechend künftig unsere Konzepte prägen, um die Vorteile aus beiden Welten zu vereinen.
Der Nachholbedarf Deutschlands in Sachen -Digitalisierung ist gerade in den letzten Monaten ein Dauerthema. Die ISPO scheint diesbezüglich dagegen sehr gut aufgestellt. Wie kommt das?
ISPO steht für mehr als 50 Jahre Erfahrung und das weltweit führende Sportnetzwerk für Business Professionals und Consumer Experts. Zu unseren Angeboten zählen die weltgrößten Multisegment-Messen ISPO Munich, ISPO Beijing und ISPO Shanghai, Europas größte Outdoor-Fachmesse OutDoor by ISPO, die führende Onlineplattform für Sport, ISPO.com, sowie ISPO Digitize, ISPO Award, ISPO Brandnew, ISPO Open Innovation, ISPO Textrends und ISPO Job Market. Das spricht für sich: Schon lange entwickeln wir uns mit ISPO weiter, von der reinen jährlichen Veranstaltung hin zum ganzjährigen Serviceangebot zur Innovationsförderung, Branchenvernetzung und zum Wissenstransfer. Und der Erfolg unserer Angebote gibt uns Recht. Mit den ISPO Re.Start Days 2019 haben wir bereits auch bewiesen, das wir digitale Konferenzprogramme umsetzen können. Im Anschluss an den Event haben wir sehr viel positives Feedback hinsichtlich der Qualität der Speaker und des Events an sich bekommen.
Schwerpunktthemen im Konferenzprogramm wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit sind vertraut. „Kreativität“ fällt mir dagegen ins Auge. Wie definieren Sie diesen Schwerpunkt in diesem Zusammenhang beziehungsweise wieso haben Sie ihn ins Programm genommen?
Kreativität und Innovationsstärke sind ganz entscheidende Kompetenzen für die Sicherung unserer aller Zukunft. Gerade in unsicheren Zeiten, wie jetzt durch die Corona-Pandemie, wird deutlich: Ohne kreative Lösungsansätze, ohne den Mut, neue Wege zu gehen, wären wir wirtschaftlich und persönlich viel schlechter aufgestellt. Daher möchten wir gezielt darüber sprechen, wie sich Kreativität in der Sportbranche fördern lässt und was wir von anderen Branchen lernen können.
Trotz Ihrer Erfahrung mit den „Re Start Days“ im Sommer ist die Messe „ISPO Munich“ als reine Onlinemesse Neuland für Sie. Auf was sind Sie am meisten gespannt?
Wir sind natürlich gespannt, wie das Zusammenspiel der virtuellen Expo mit der Konferenz funktioniert und in der Branche ankommt. Hier zählen wir auf den Beitrag aller Teilnehmer als Kontributoren – unabhängig von ihrer „klassischen“ Rolle als Aussteller oder Besucher.
In Ihren Worten: Wieso ist die „ISPO Munich Online“ wichtig für die Sport- und Outdoor-Branche?
Wir sind – auch im Digitalformat – die führende Plattform für die Industrie und bringen die komplette Branche zusammen. Bei uns erfährt man, was die Branche bewegt. Wir vermitteln Wissen und liefern Inspiration. Wir bieten das nötige Netzwerk für ein erfolgreiches Business.
Sie richten sich ja auch mit Streamings usw. an die Endkonsumenten. Wie erreichen Sie deren Aufmerksamkeit?
Wir arbeiten mit Hochdruck sowohl an der Aussteller- als auch Besucherkommunikation zur Veranstaltung. Dafür setzen wir auf umfassende, zielgruppenspezifische Maßnahmen in den verschiedensten Kanälen – von Newslettern bis Social Media. Unter anderem aktivieren wir unsere ISPO Open Innovation Community mit über 70.000 Consumer Experts und Opinion Leadern.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview stammt aus der Ausgabe 1/2021.