Ob Schneeschuhwandern, Skilanglauf oder Skitouring – seit Jahren hält der Trend zu Wintersportarten an, bei denen sich die Natur genießen lässt. Heißt auch: ein großer Bedarf an Ausrüstung bei den Verbrauchern. -outdoor.markt hat sich umgehört, welche Bedeutung Winterhartware in diesen Segmenten für Industrie und Handel hat.
Fast unisono heißt es aus der Branche: Der sanfte Wintersport ist im Trend! Immer mehr Menschen wollen die Natur bewusst erleben. Langsamere Fortbewegungsarten, wie Schneeschuhwandern, Skilanglaufen und Skitouren-Gehen, finden zunehmend mehr Fans. Doris Klammer vom Tiroler Unternehmen Koch alpin, das etwa die Schneeschuhmarken „Atlas“ und „Tubbs“ sowie die „Contour“-Tourenski-Steigfelle führt, sagt: „Sowohl beim Schneeschuhwandern also auch bei Skitouren steigt die Nachfrage enorm. In den letzten zwei bis drei Jahren hatten wir durchwegs zweistellige Zuwachsraten. Vor allem das Schneeschuhwandern, aber zunehmend auch Skitouren entwickeln sich als sanfte Alternativen zum reinen Skitourismus. Der Trend zu aktiver Erholung in unberührter Naturlandschaft passt perfekt zu diesen sanften Wintersportarten.“
Thomas Roiser, Chef des österreichischen Skihartwaren-Herstellers Komperdell, betont ebenfalls, dass diese Segmente und der Skilanglauf seit Jahren am wachsen seien.
Pistenfahrer entdecken Skitouring
Von Händlerseite sind die Einschätzungen etwas verhaltener, weil das Alpin-Segment insgesamt natürlich noch deutlich überwiegt. Maximilian Buchner, Einkäufer Seasonal Sports Hartware von SportScheck, berichtet: „Skitouren entwickelt sich in den letzten Jahren sowohl am Markt als auch bei uns sehr positiv. Allerdings macht es für uns nach wie vor nur einen kleinen Anteil am Gesamtumsatz der Skihartware aus. Wir bauen das Sortiment step-by-step aus.“ Sehr zurückhaltend ist man bei Globetrotter aufgrund der „kürzeren Winter“ und „der klimatischen Situation“, die „die Bedingungen für Wintersport derzeit äußerst schwierig“ machten. Oliver Walker, Category Manager Outdoor bei Intersport, betont, dass Schneeschuhwandern in schneereichen Regionen immer beliebter werde, und Skitouring vor allem bei den Jüngeren. „Die „Einstiegshürde ist größer“ sagt Walker, es müsse eine „Affinität zum Skifahren vorhanden sein“. Andererseits entdecken auch viele Pistenfreunde den Mix aus Aufstieg und rasanter Abfahrt als neue Leidenschaft. Benedikt Böhm, Geschäftsführer von Skitouren-Spezialist Dynafit, erläutert, dass nach einer „explosiven“ Entwicklung von 2006 bis 2014 zuletzt wieder „mehr Bewegung“ im Skitouren-Markt sei: „Nicht nur von den reinen Skitouren-Herstellern, wie wir es sind“, so Böhm, „sondern auch von den klassischen Alpinski-Marken, die sich des Themas immer mehr annehmen und mit Hybrid-Lösungen Ski-alpin-Ausrüstungen mit Aufstiegsfunktion anbieten. Dadurch finden auch immer mehr Alpinskifahrer Zugang zum Skitourensport.“
Insgesamt sieht Böhm, dass sich der Skitourensport mehr und mehr segmentiert, vom Rennläufer zum Pistengeher. Dynafit habe als erster Anbieter eine Ausrüstung speziell für Pistentouren entwickelt, die „Speedfit“-Linie. „Die Kollektion gibt es im aktuellen Winter überarbeitet und in neuer Auflag. Mit dem Thema Pistentouren verzeichnen wir eine zunehmende Nachfrage bei unseren Handelspartnern“, sagt Böhm.
Auch der Skilanglauf findet immer mehr Anhänger. Laut dem Produkt- und Marketingmanager des französischen Herstellers Rossignol, Thomas Markhof, ist Skilanglauf sogar die derzeit am stärksten wachsende Wintersportart in Deutschland. Laut einer von Statista.de veröffentlichten Statistik nahm die Zahl der „ab und zu“ Skilanglauf betreibenden Deutschen von 2015 bis 2019 von 6,47 auf 6,69 Millionen zu, die der „häufig“ Skilanglauf betreibenden von 0,51 auf 0,71 Millionen – Letzteres ist eine Steigerung von immerhin knapp 40 Prozent. Von SportScheck heißt es, dass man nach einem damals starken Winter von 2016 auf 2017 die Umsätze verdoppeln und das Niveaus seitdem stabilisieren konnte.
Bedienkomfort und Sicherheit
Für Handel wie Industrie ist das wachsende Interesse der Kundschaft die unverzichtbare Grundlage, um Umsatzwachstum zu erzielen. Das andere ist, dieses Potenzial mit innovativen Produkten, die technologisch und in Sachen Design den Bedürfnissen und dem Geschmack der Verbraucher entgegenkommen, auszuschöpfen. Das Thema Leichtigkeit ist dabei sehr wichtig. SportScheck-Einkäufer Buchner sagt: „Bei den Tourenski geht es hauptsächlich darum, die Ski immer leichter zu bauen, damit der Alpinist möglichst wenig Gewicht beim Aufstieg tragen muss.“ Doris Klammer von Koch alpin sieht für Schneeschuhe und Tourenfelle „Bedienungskomfort und ein hohes Maß an Sicherheit (als) Schlüssel zum Erfolg“. „Bei Schneeschuhen ist das zum Beispiel die Integration des ‚Boa‘-Systems in die Bindungen, die damit an einem zentralen Drehknopf angepasst werden können“, erläutert Klammer. „Bei Steigfellen“, sagt sie „geht der Trend ganz eindeutig zu unserer ‚Hybrid‘-Klebertechnologie, die hohe Oberflächenklebrigkeit mit einfacher Anwendung vereint. Bei nachlassender Haftung kann die Kleberfläche hier ganz einfach gereinigt und reaktiviert werden.“
Was den wichtigen Bereich Stöcke für die verschiedenen Schneesportarten betrifft, hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr viel getan, vom Material (hin zu leichterem Carbon) über die praktischen Faltstockmechanismen bis hin zum Klicksystem „Trigger Shark“ aus Stock und Handschuh von Leki. Die vielleicht spektakulärste -Neuheit stellt im Winter 2019/20 Komperdell vor, mit dem „FXP“-Stocksystem, das durch eine Reduzierung von elf auf drei Teile und eine extrem einfache Art und Weise, wie sich der Stock auf Knopfdruck von selbst zusammenbaut, verblüfft (siehe auch 8/9).
Entwicklungen bei Langlauf-Ski
Im Skilanglauf sind die wesentlichen Entwicklungen der letzten Jahre die immer stärkere Verbreitung von Fellski für den klassischen Stil und Neuerungen im Bereich der Bindungen. Fischer und Rossignol machten 2016/17 mit „Turnamic“ den Anfang in Sachen bewegliche Bindung, Salomon und Atomic folgten mit „Prolink“, und vergangene Saison boten auch Madshus und Rotefella mit „Move“ ein bewegliches Bindungssystem, das nun noch einmal weiterentwickelt wurde, hin zu einer kompakten Bindungseinheit. Durch Weiterentwicklungen wie „Turnamic“ und „Prolink“ hat sich der NNN-Standard bei Sohlen und -Bindungen nun möglicherweise endgültig durchgesetzt. Die Kombinationsmöglichkeiten mit Ski und Schuhen sind inzwischen deutlich größer, was den Verbraucher zunächst verwirren könnte, aber letztlich wohl eher auf eine Vereinfachung hinausläuft.
Für den Handel sind die sanfteren Wintersportarten wie etwa Langlauf oder – teilweise Skitouren – auch eine gute Möglichkeiten, sich vom Wettbewerb zu differenzieren, „da das Sortiment nicht jeder Sporthändler anbietet“, wie Maximilian Buchner von SportScheck sagt. Individualisierung und Flexibilisierung sind Trends, die den Wintersportbereich ebenfalls stark prägen. Die individuelle Skischuhanpassung, wie sie etwa Tecnica dem Handel anbietet, ist ein Beispiel dafür. Der Ski-Verleih ist ein anderes. „Das neueste Puzzlestück unseres Ökosystems“, sagt Buchner, ist die Möglichkeit, Leih-Ski über das Intersport Portal bei teilnehmenden Händlern in Österreich vorab zu reservieren. Welcher Ski der richtige ist, empfehlen unsere Kollegen im Verkauf gerne und schließen den Vorgang über das Ipad auch direkt für unsere Kunden ab.“
Foto: Leki (Screenshot)