Eben noch schien der Zenit überschritten, jetzt lebt die Outdoor-Branche wieder auf. Gestützt werden die guten Aussichten von einer neuen Marktstudie sowie aktuellen Ergebnissen der GfK. Und nicht zuletzt die übervolle Fachmesse OutDoor in Friedrichshafen, internationales Spiegelbild der Branche, beweist: Outdoor spielt auch künftig weiter voll auf – vorausgesetzt, die Zeichen der Zeit werden richtig erkannt. outdoor.markt verrät, wo jetzt Impulse zu setzen sind und wo gute Umsatzchancen locken.
Was ist geschehen? Noch vor Kurzem war von Überhitzung die Rede, Outdoor ist überboomt, der Markt kaputt. Wie einst der Surf-Markt vor 20 Jahren: zu viel Ware, Preisverhau, Graumarkt und zu viele Läden. Aber Vorsicht: Die Branche und ihre Marktteilnehmer haben offensichtlich dazugelernt. Das „ungebremste Wachstum scheint vorbei“, meint auch Michael Weck, Autor der derzeit aktuellsten und umfangreichsten Outdoor-Fachstudie „Fokus Markt und Verbraucher Outdoor 2013/2014“, durchgeführt von BBW Marketing Dr. Vossen & Partner (Neuss). Doch Pessimismus sei nicht angebracht, so der Experte. Die Outdoor-Branche habe auch in Zukunft gute Chancen, das mit Abstand größte Kernsegment des Sportmarktes zu bleiben. Doch ändern sich Vertriebswege, Kundenwünsche und Kaufkriterien.
Positive Signale
Voraussetzung sei also, dass sich die Branche offensiv mit aktuellen Handels- und Konsumententrends auseinandersetzt, aus denen sich verschiedene positive Signale für die Outdoor-Branche ableiten ließen, sagt Studienautor Michael Weck. Mehr denn je sei dabei die Kenntnis über aktuelle Gewohnheiten der Outdoorer wichtig, um die richtigen Schlüsse für das zukünftige Marketing zu ziehen beziehungsweise dem Mitbewerber in einem zunehmend umkämpften Markt die berühmte Nasenlänge voraus zu sein. Eines der interessantesten Ergebnisse aus der Umfrage ist, dass Outdoor-Käufer gar nicht mehr so viel Wert auf Marketing-Verpackung legen. Der Preis spielt immer noch eine wichtige Rolle, doch sind den meis-ten Kunden die Qualität und ein gewisses ökologisches Bewusstsein der Anbieter oft noch wichtiger. Damit ist auch eine hohe Erwartungshaltung gegenüber den -Herstellern verbunden.
Kundenwünsche ändern sich
Hier liegen Riesenchancen – einmal mehr, wenn Handel und Industrie zusammenarbeiten. Das fordert auch der Deutschland-Chef von Haglöfs, Herbert Horelt: „Die Kundenwünsche verändern sich in puncto Nachhaltigkeit, Transparenz, Qualität und Service. Das haben Hersteller und Händler gemeinsam zu berücksich-tigen.“ In einem vielmals diskutierten, satten Markt sei ein Wachstum durch Verdrängung generell möglich, meint der Outdoor-Manager. Als Umsatzmotoren der Branche würden sich klassische Designs in neuen Materialien erweisen oder einzelne Warengruppenbereiche und innovative, sich vom Markt abhebende Marken und Produkte, ist sich Herbert Horelt sicher. Für den Haglöfs-Mann ist also weiterhin genügend Spielraum vorhanden, ein gewisse „gute Nase“ vorausgesetzt. Die Hersteller müssten sich den veränderten Kundenwünschen rechtzeitig genug stellen.
Kein Rausch mehr
Auch Rolf Schmid, CEO des Schweizer Bergsportausrüsters Mammut, sieht die Zeiten wieder rosiger. Der Branchenprofi hält Wachstum auf jeden Fall weiter für möglich. „Outdoor ist ein Megatrend, der noch viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte anhalten wird. Es stimmt, wir haben momentan eine gewisse Stagnation, die teilweise aber auch wetterbedingt ist“, meint Schmid. „Wir hatten dieses Jahr zumindest in Europa und Asien einen sehr schlechten Winter. Amerika dagegen war sehr gut und hat auch entsprechende Zahlen geliefert. Grundsätzlich bewegen sich die Umsätze am Outdoor-Markt weiter nach oben. Das geschieht nicht mehr im gleichen Rausch und im gleichen Tempo wie in den -vergangenen Jahren, aber ich glaube, dass sich das Wachstum in Europa auf eine tiefe einstellige Zahl einpendeln wird“, erklärt Rolf Schmid gegenüber outdoor.markt.
Schuhe als Umsatzmotor
Doch welche Segmente sind es, die sich in den Outdoor-Geschäften zurzeit am besten verkaufen? Welche Produkte treiben das Wachstum der Branche noch voran? „Bei Mammut hat Bekleidung ganz klar die Nase vorne“, sagt Rolf Schmid. Aber auch Schuhe entwickeln sich bei Schweizer Outdoor-Anbieter – wie momentan allerorts – zu einem immer wichtigeren Umsatzträger. Das bestätigen Marktzahlen und Branchenkollegen. Im Winter seien zudem Lawinensicherheitsausrüstungen und Lawinenairbags von großer Wichtigkeit für das Geschäft. „Für die gesamte Branche sieht es ähnlich aus. Bekleidung ist ganz vorne, doch momentan sind vor allem Schuhe hoch im Kurs“, erklärt der Mammut-Chef.
Aber auch Schmid weiß natürlich, dass man sich den veränderten Kundenwünschen – von Händlern wie Endverbrauchern – aktuell stellen muss. „Die Produkte sind immer schwieriger zu unterscheiden. Es gibt sehr viele gute Produkte auf dem Markt. Das heißt: Nicht nur das Produkt muss gut sein, sondern auch Image und Marke müssen stimmen“, betont Rolf Schmid. Der Endverbraucher wünsche sich nicht nur ein funktionelles Produkt, sondern auch das dazugehörige Erlebnis. „Das stellt einerseits neue Herausforderungen an die Präsentation des Produkts auf der Verkaufsfläche. Andererseits gilt es, dem Kunden auch über den Kauf hinaus das erwünschte Erlebnis zu bieten. Das tun wir mit der Mammut Alpine School. Als drittes sehe ich die Nachhaltigkeit, hier werden wir alle künftig noch stärker inves-tieren müssen“, ist sich Rolf -Schmid sicher.
Einstelliges Wachstum möglich
Vaude-Vertriebsleiter Jan Lorch gibt sich ebenfalls optimistisch, jedoch keinesfalls überschwenglich: „Die Boom-Jahre der Outdoor-Branche sind sicher vorbei“, kommentiert er etwas zurückhaltender. „Für die großen Marken sehen wir Wachstum einstweilen nur im einstelligen Prozentbereich.“ Für den Vaude-Mann liegt der größte Umsatzmotor aktuell klar im Bereich Schuhe. In der Tat konnte dieses Segment, ebenso wie Hartware, bereits wieder zulegen, wie frische Zahlen von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus Nürnberg belegen. Und wie sein Mammut-Kollege sieht auch Jan Lorch Hersteller und Händler in der Verantwortung, sich den verändernden Kundenwünschen zu stellen, um die positiven Signale für die Branche tatsächlich ausnutzen zu können. „Künftig wird man einem höheren Kundenbewusstein und -anspruch hinsichtlich aller Leistungsfaktoren gegenüberstehen“, so Lorch. Das beträfe vor allem Punkte wie Qualität, Funktion und Preis, aber auch Aspekte wie soziale Verantwortung bei der Produktion und die ökologische Unbedenklichkeit der Produkte. Dies müsse weiterhin rechtzeitig erkannt und umgesetzt werden.
Festhalten am selektiven Vertrieb
Natürlich wird die Outdoor-Branche künftig auch weiter über neue Vertriebswege und -chancen diskutieren. Naturgemäß gehen hier die Meinungen in Handel und Industrie auseinander. Durch den Verlust vieler Partner im klassischen Fachhandel – gerade in den Top-Lagen der Großstädte –
sind viele Hersteller geradezu gezwungen, neue Wege im Vertrieb ihrer Produkte zu gehen. Zu dieser Ansicht kommen die Studienmacher von BBW Marketing in ihrer Analyse. Dies könne einerseits durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Handel über den Aufbau von Flächensystemen, sogenannter Shop-in-Shops, gehen. Es könne andererseits aber auch durch den Aufbau eigener Läden erfolgen, besagt die Markt- und Verbraucherstudie.
Im Gegensatz zur Bekleidungsbranche eignen sich in der Sport- und Outdoor-Branche allerdings nur eine begrenzte Zahl von Marken für Mono-Label-Stores, da die Markenbekanntheit und die Markenbindung nicht an die Bedeutung entsprechender Marken der Bekleidungsbranche herankommt. Trotzdem: Die Expansion einiger Lieferanten in den letzten Jahren in Sachen eigener Stores zeigt eindeutig, dass die Zahl der Markenstores auch in Zukunft weiter zunehmen wird. Der Lieferant werde zunehmend zum Mitbewerber für seine eigenen Kunden, meint Studienautor Michael Weck.
Die Hersteller jedenfalls machen sich bereits konkrete Gedanken, welche Vertriebsformen in der Zukunft von Bedeutung sein werden. Schon heute müssen Entscheidungen getroffen werden: Ob der heiß umstrittene Bereich „selektiver Vertrieb“ Bestand haben wird, ist in Deutschland bis zur Entscheidung der Kartellwächter längst noch nicht entschieden. Ob Händler also in Zukunft unter bestimmten Bedingungen von bestimmten Vertriebsformen, insbesondere online, abgeschnitten werden dürfen, wird sich voraussichtlich erst auf EU-Ebene entscheiden.
Multichannel wird dominieren
So sieht Vaude-Vertreter Jan Lorch zukünftig „eine Mischung aus allen Distributionsformen“ auf den Outdoor-Markt zukommen. Internet und Fachhandel rangieren dabei nebeneinander, ebenso wie Groß- und Einzelhandel. „Dabei bleibt es den Markenstrategien überlassen, wie die Bereiche ausgestaltet werden“, erklärt Lorch. Online könne direkt oder indirekt vertrieben werden, es werde eigene Stores und Franchise-Modelle geben. Der Käufer sieht sich einer Vielzahl von Einkaufsmöglichkeiten gegenüber.
Das muss den Blick der Hersteller und auch der Händler schärfen: Online-Distribution wird zur knallharten Realität. „Die Zeit der Outdoor-Romantik ist längst vorbei“, ist der Haglöfs-Geschäftsführer für Deutschland, Herbert Horelt, überzeugt. In einem hart umkämpften Markt würden sich künftig nur Marken mit einem außerordentlichen -Servicelevel und einer offenen, ehrlichen Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Handel und Lieferanten behaupten, meint Horelt. Hierbei spiele nicht nur die Qualität der Produkte eine wichtige Rolle. Die Zukunft liege in einer offenen, fairen Zusammenarbeit seitens Vertrieb und allen notwendigen Vertriebskanälen. Pauschal müsse jeder Hersteller seine eigene Strategie festlegen und danach den Vertrieb ausrichten.
Und für Mammut-Chef Rolf Schmid ist klar: „Generell wird Multi-Channeling als das große Thema im Vertrieb dominieren. Der Konsument wird Outdoor-Produkte in allen Kanälen kaufen wollen. Daher gilt es, die Produkte in all diesen Kanälen anzubieten“, betont der Manager. „Bei Mammut sehen wir eine klare Mischung aus Fachhandelspartnern und Monobrand-Stores“, stellt Schmid klar. Der Branchenprofi ist sich sicher, dass die sogenannte Vertriebsselektion Zukunft hat. „Durch unseren selektiven Vertrieb garantieren wir wichtige Qualitätsmerkmale wie Beratung und Präsentation, schließen aber Online nicht per se aus“, so Rolf Schmid.
Qualität geht vor Preis
Ohne Nachfrage jedoch bringen die besten Vertriebsideen und smartesten Geschäfte nichts. Händler und Hersteller sollten deshalb auch wissen: Was will der Käufer? Hier konnten die BBW-Experten ebenfalls konkrete -Antworten liefern. Laut ihren Umfragen besitz der Verbraucher mit der aktuell höchsten Ausgabebereitschaft und dem höchsten Interesse an Outdoor demnach folgende Merkmale: Er ist männlich, zwischen 18 und 29 Jahre alt, sportlich ambitioniert und tritt als Käufer im Hochpreissegment auf. Er achtet besonders auf neue, innovative Produkte, günstige Preise sowie auf Nachhaltigkeit in Sachen Klima- und Umweltschutz.
Hinsichtlich der Kaufkriterien ist den Forschern darüber hinaus aufgefallen: Trotz anhaltender Trends zum Sparen und zur Schnäppchenmentalität gaben die BBW-Befragten an, dass das für sie mit Abstand wichtigste Kriterium beim Kauf von Outdoor-Produkten die Qualität sei. Dahinter folgt das Material, erst an dritter Stelle steht der Preis. Offensichtlich gilt nach wie vor für die meisten -Outdoor-Konsumenten: Qualität geht vor Preis!
Als weitere wichtige Kaufkriterien gaben die Befragten eine „große Auswahl“ sowie die Umweltverträglichkeit der Produkte an. Letztere rangiert heutzutage bereits auf Platz fünf der wichtigsten Kaufkriterien – für Studienautor Michael Weck ein Indiz dafür, dass dieser Punkt allmählich immer mehr in den Fokus der Verbraucher beim Kauf von Outdoor-Artikeln rückt.
Nachfrage im Hochpreissegment
Bei der Betrachtung der Nachfrage nach Preissegmenten wird indes deutlich, dass bei 50,7 Prozent aller Käufer im Niedrigpreissegment das Interesse an Outdoor aktuell deutlich zurückgegangen ist. Nur bei 8,2 Prozent dieser Käufergruppe ist es gestiegen. Der Rest von ihnen – immerhin noch 41,1 Prozent – erklärte ein gleichbleibendes Interesse.
Auf der anderen Seite ist bei 38,5 Prozent der Käufer im Hochpreis-segment das Interesse an Outdoor gestiegen. 15,4 Prozent zeigen aktuell weniger Interesse. Für den Handel demnach wichtig zu wissen: Der Stellenwert beziehungsweise das Interesse an Outdoor im Hochpreissegment bleibt relativ hoch. Spannend wird es sein, ob und wie der Handel das stark zurückgegangene Interesse an Outdoor im Niedrigpreisbereich möglicherweise in die andere Richtung (Hochpreis) umwandeln kann. Sicherlich sollten Industrie und Handel dabei an einem Strang ziehen.
Für die Entwicklung der zukünftigen Outdoor-Marktes wird außerdem maßgeblich sein, welche Impulse dem Markt zusätzliche Kraft verleihen können. Aus Verbrauchersicht ergab sich hier in den BBW-Befragungen, dass nach günstigeren Preisen beziehungsweise vermehrten Sonderangeboten insbesondere neue, innovative Produkte das Konsumenteninteresse an Outdoor-Artikeln stärken können. Dahinter rangiert auf Platz drei das Thema Nachhaltigkeit bei Klima- und Umweltschutz, gefolgt auf Platz vier von technischen Weiterentwicklungen bestehender Produkte, die Outdoor-Kunden ebenfalls zu einem vermehrten Zugreifen verleiten können.
Unterschiedliche Outdoor-Typen
Bei Betrachtung der Bedeutung einzelner Kaufkriterien nach den verschiedenen Outdoor-Typen der Kundschaft wird darüber hinaus deutlich, dass der sportlich orientierte Outdoorer im Vergleich zum Lifestyle-orientierten Outdoorer qualitäts- und umweltbewusster ist. Darüber hinaus legt er offenbar auch mehr Wert auf Beratung, besagt die Studie. Derweil achten „Life-Styler“ stärker auf ein großes Markenangebot, ganzjährige Rabattaktionen sowie auf ein Angebot frauenspezifischer Produkte. Zuversichtlich stimmt indes die erfragte Ausgabefreudigkeit der Konsumenten im Bereich Outdoor-Bekleidung. Immerhin wollen in diesem Segment 18,5 Prozent der Befragten künftig tiefer ins Portemonnaie greifen. Dem gegenüber stehen 30,5 Prozent, die weniger Geld ausgeben wollen. Im Segment Hartwaren (Zelte, Schlafsäcke, Rucksäcke, Boote) fällt die zusätzliche Kauflaune dünner aus: Für solche Produkte beabsichtigen „nur“ 7,2 Prozent der Befragten, mehr Geld auszugeben – 49,2 Prozent hingegen wollen hier sparen. Allerdings sind laut BBW-Studie immerhin 43,6 Prozent der Befragten (für Hartware) und 51 Prozent (für Bekleidung) bereit, auch in Zukunft „gleich viel Geld“ für die jeweilige Outdoor-Ausrüs-tung auszugeben. Das zeigt deutlich: Insgesamt steht die Branche auf einem sicheren Fundament, für Panik gibt es keinen Anlass. Der Startschuss für 2015 könnte nicht besser ausfallen.