Vor 40 Jahren wurde das Bergsportunternehmen Ortovox gegründet. Anlässlich des runden Jubiläums sprach outdoor.markt mit dem Geschäftsführer Christian Schneidermeier über den Charakter der Marke und die Werte, für die der Outdoor-Hersteller steht.
outdoor.markt: Herr Schneidermeier, mit Hartwaren wie den LVS-Geräten einerseits und Bekleidungskollektionen andererseits hat das Portfolio von Ortovox seit jeher unterschiedliche Facetten. Was ist Ihr übergreifender Markenkern?
Christian Schneidermeier (Foto): Wir definieren uns als Sicherheitspioniere, weil wir seit 40 Jahren immer wieder Innovationen in diesem Bereich herausgebracht haben. Allerdings hat sich die Wahrnehmung schon etwas verschoben. Als ich 2001 bei Ortovox angefangen habe, war die Firma bekannt für ihre Hartware, also LVS-Geräte, Schaufeln usw. Inzwischen bringen uns die Verbraucher eher mit Bekleidung in Verbindung. In diesem Segment, das auch sicherheitsrelevant ist, definieren wir uns über Wolle. Das Thema Hartware wird aber eine hohe Priorität behalten.
Wie sehen Sie Ortovox beim Thema Wolle, das im Laufe der Jahre immer mehr Marken aufgegriffen haben?
Wir sind davon überzeugt, dass Wolle die beste funktionelle Faser ist, und versuchen immer, das Beste aus der Wolle herauszuholen. Das kann eine Faser aus 100 Prozent Wolle sein oder Mischungen mit Kunstfaser. Wir haben immer versucht, innovative, hochfunktionelle Kombinationen zu entwickeln, und werden das auch weiter tun. Klar haben wir auch von dem allgemeinen Trend profitiert, der Naturfasern mehr in den Mittelpunkt gerückt hat. Das hat uns die Chance gegeben, das weiter auszubauen, die wir genutzt haben. Aber wir haben schon Ende der 1980er Jahre mit dem Thema Wolle begonnen, also bevor es „trendy“ wurde.
Wie stellen Sie die Wahrung des Tierwohls bei der Schafwolle, mit der Sie arbeiten, sicher?
Mit dem Thema Tierwohl sind wir von Anfang an konfrontiert gewesen, da geht es zum Beispiel um das Vermeiden des schmerzhaften Mulesing. Da für uns die Wahrung des Tierwohls Teil unseres Nachhaltigkeitsdenkens ist, haben wir den Ortovox Wool Promise (OWP) entwickelt, der noch über die Anforderungen des Responsible Wool Standard hinausgeht. Wir arbeiten mit ausgesuchten Farmen in Tasmanien zusammen, wo in regelmäßigen Abständen unabhängige Prüfer einen ganzen Katalog von Kriterien, den wir aufgestellt haben, vor Ort durchgehen und überprüfen. Es ist unser Ziel, 100 Prozent Transparenz und Kontrolle zu haben, damit wir wissen, wie die Tiere gehalten werden und wo die Wolle genau herkommt. Das geschieht auf einer sehr persönlichen Ebene. Das OWP wird gern als positives Beispiel herangezogen für den Umgang mit Tierschutz. Marken aus der Mode zum Beispiel staunen immer, was wir da alles machen.
Der Aufwand, den Sie dafür betreiben, ist sicher auch ein Kosten-faktor. Rechnet sich das?
Klar kostet dieses Engagement etwas. Aber ich finde, die Formel „Nachhaltigkeit kostet“ muss in den Papierkorb geworfen werden. Diese eindimensionale Sichtweise ist einfach überholt. Und für eine Marke, wie wir sie sein wollen, die hochqualitative Ware anbietet und transparent und verlässlich ist, gehört es einfach dazu, dass wir diese Rahmenbedingungen schaffen und gewährleisten. Das muss eine Selbstverständlichkeit sein.
Honoriert der Verbraucher das?
Es wird oft argumentiert, dass die Verbraucher nicht bereit seien, mehr zu zahlen. Denn in der Tat kosten nachhaltige Produkte mehr, obwohl meiner Meinung nach die nicht nachhaltigen Produkte teurer sein müssten. Aber wir stellen schon fest – und bekommen diese Rückmeldung auch vom Handel –, dass immer mehr Konsumenten nach nachhaltigen Produkten fragen und bereit sind, mehr dafür zu zahlen.
Wie organisieren Sie das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen?
Das Thema Nachhaltigkeit ist mir persönlich wichtig, und alle unsere Mitarbeiter brennen dafür. Und es ist auch wichtig, dass sich das ganze Unternehmen damit befasst. Es muss aber eine Grundlage geben, deshalb haben wir ein Nachhaltigkeitsteam aufgestellt, das mir direkt unterstellt ist. Ortovox hat den Nachhaltigkeitsgedanken immer schon gelebt. Vielleicht haben wir es früher nicht so genannt und kommuniziert. Inzwischen aber tun wir das, auch durch unsere Mitgliedschaften in Organisationen wie der Fair Wear Foundation oder dem Bündnis für nachhaltige Textilien.
Wie stehen Sie persönlich zum geplanten Lieferkettengesetz?
Ich bin ein absoluter Befürworter dieses Gesetzes. Meiner Meinung nach kann es nicht streng genug sein, inklusive Haftung der Unternehmen. Wir handeln ohnehin schon so, wie es in einem solchen Gesetz gefordert würde, aber wir haben alle die Erfahrung gemacht, dass die Selbstverpflichtungen der Industrie insgesamt leider nie so funktionieren, wie sie sollten.
Fotos: Ortovox
Das komplette Interview lesen Sie in Ausgabe 09/2020.