In immer schnellerem Tempo verändert sich die Welt, in der wir leben. Dem Wandel liegen aber vielfach langfristige Entwicklungen zugrunde. Auch die Outdoor-Branche steht unter dem Einfluss sogenannter globaler Megatrends. Fünf können als besonders wichtig herausgestellt werden: Mobilität, Urbanisierung, Digitalisierung, Individualisierung und Nachhaltigkeit. outdoor.markt zeigt, wie sie die Outdoor-Branche Zug um Zug verändern.
Von Trends beziehungsweise globalen Megatrends zu sprechen scheint zurzeit selbst eine Art Trend zu sein. Digitalisierung, Globalisierung, Urbanisierung, demographischer Wandel – wir könnten die Aufzählung von Begriffen endlos fortsetzen, die beschreiben sollen, welche Entwicklungen die nächsten Jahrzehnte unser Leben prägen werden. „Megatrends“, erläutert das 1998 gegründete „Zukunftsinstitut“ für Trend- und Zukunftsforschung, „muss man nicht ,voraussagen’, denn sie sind schon da und markieren Veränderungen, die uns schon lange prägen und auch noch lange prägen werden. Megatrends sind Tiefenströmungen des Wandels. Als Entwicklungskonstanten der globalen Gesellschaft umfassen sie mehrere Jahrzehnte. Ein Megatrend wirkt in jedem einzelnen Menschen und umfasst alle Ebenen der Gesellschaft: Wirtschaft und Politik sowie Wissenschaft, Technik und Kultur. Megatrends verändern die Welt – zwar langsam, dafür aber grundlegend und langfristig.“
Konkret identifizieren die Experten des Zukunftsinstituts zwölf Megatrends: „Wissenskultur“, „Urbanisierung“, „Konnektivität“, „Individualisierung“, „Neo-Ökologie“, „Globalisierung“, „Gender Shift“, „Gesundheit“, „New Work“, „Mobilität“, „Silver Society“, „Sicherheit“. Von den meisten dieser Begriffe hat wohl jeder von uns zumindest ein gewisses Vorverständnis. Erläuterungsbedürftig mögen „Konnektivität“ und „Silver Society“ sein. Ersteres steht grob gesagt für „Vernetzung“, hervorgerufen vor allem durch die digitalen Kommunikationstechnologien.„Silver Society“ meint, dass das Durchschnittsalter der Weltbevölkerung steigt, durch den demographischen Wandel, aber auch durch medizinische und Lebensstandard-Entwicklungen, die ein längeres Leben ermöglichen.
Auch die Outdoor-Branche geht mit den globalen Megatrends in irgendeiner Weise um. Aber nicht alle betreffen sie in gleichem Maße. Wir wollen an dieser Stelle die Megatrends in den Blick nehmen, die für Outdoor eine besonders große Rolle spielen, und dabei möglichst einfache und klare Begriffe verwenden. Fünf Megatrends machen wir hier als die wichtigsten Einfluss-Faktoren für die derzeitige und künftige Entwicklung der Outdoor–Branche aus: Mobilität, Urbanisierung, Digitalisierung, Individualisierung, Nachhaltigkeit. Was bedeuten diese Trends für die Outdoor-Branche?
Welchen Einfuss haben sie auf die Entwicklung von Produkten, Technologien, Handel und Firmenstrategien? Eines lässt sich vorwegnehmen: Die Trends greifen in vielfältiger Weise ineinander.
Abenteuer-Reisen und Kurztrips
Der Megatrend Mobilität spielt einerseits auf die in den letzten Jahrzehnten ausgeweiteten Reisemöglichkeiten an. In Deutschland liegt der Anteil derjenigen, die mindestens eine Urlaubsreise im Jahr (5 Tage oder länger) unternehmen, in den letzten Jahren recht konstant bei etwas mehr als 75 Prozent, nachdem er noch Mitte der 70er unter 50 Prozent lag. Aber auch der Markt für Abenteuer-Tourismus, also die Erkundung entfernter, exotischer Gebiete, die Aktivitäten wie Klettern, Höhlenerkundungen, Radfahren, Wandern, Rafting und andere umfasst, wächst zuletzt stetig und soll Prognosen zufolge weiterwachsen. Laut dem Marktforschungsinstituts Allied Market Research aus Portland (Oregon, USA) wird er weltweit von 2017 bis 2023 um 17,4 Prozent wachsen. Auf der kommenden Outdoor by ISPO vom 30. Juni bis 3. Juli wird möglichen Synergien zwischen Reise und Outdoor im „Adventure, Tourism & Travel Hub“ in Kooperation mit der Adventure Travel Trade Association“ (ATTA) nachgegangen.
Produktseitig sind hier einerseits die „üblichen“ Outdoor-Qualitäten wie Wetterbeständigkeit und Atmungsaktivität gefragt, andererseits kommen Faktoren wie Schutz vor Sonne oder Insekten hinzu. Schützende Mittel sind das eine, Bekleidung mit integriertem Insekten- oder Sonnenschutz wie die „NosiLife“-Technologie der britischen Marke Craghoppers das andere. Der Megatrend Mobilität ist aber auch ein Treiber des Themas Multifunktionalität. Denn Mobilität heißt auch, verschiedene Lebenssphären in kurzer Zeit miteinander zu verbinden, sei es auf Urlaubsreisen- oder Dienstreisen oder im Alltag. Ob Bekleidung oder Taschen und Rucksäcke – es kommt immer darauf, dass es praktisch und leicht ist – und am besten sieht es auch modisch und lifestylig aus. Im Urlaub wollen die meisten Menschen praktische Kleidung tragen, die ausreichend Funktion für einen kleinen Ausflug in die Natur aufweist, aber bei der Einkehr in ein Restaurant oder ein Café ebenso getragen werden kann. Auch wer beruflich unterwegs ist, hat Bedarf nach zweckmäßiger und stylisher Bekleidung, beispielsweise für den Weg vom Flugzeug zu nächsten Geschäftstermin.
Neben dem Trend zu Abenteuerreisen in die Ferne hat sich am anderen Ende der Skala ein anderer Trend verfestigt: Kurzreisen sind in. Laut Erhebungen des Verbands Internet Reisevertrieb e.V. (VIR) und der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) stieg die Zahl der Kurzurlaubsreisen der Deutschen im Alter von 14 bis 75 Jahren im vergangenen Jahr erneut an – auf 88 Millionen. Zu den Kurzreisen zählen Trips von zwei bis vier Tagen. Auch dies fördert den Bedarf nach zweckmäßiger Ausrüstung, beispielsweise in puncto Reisegepäck. Ein Rucksack,der zugleich als Reisetasche fungieren und am besten noch als Handgepäck mit ins Flugzeug genommen werden kann, ist das ideal. Diese Zielgruppe versucht etwa Rucksackspezialist Deuter mit seiner neuen Serie „Aviant“ zu erreichen.
Verschiebung des Outdoor-Begriffs
Mobilität ist aber auch insofern ein Megatrend, weil sich auf nur wenigen Gebieten so viel verändert wie diesem.. Insbesondere in den Städten werden die Menschen immer flexibler ihr Fortbewegungsmittel wählen. Laut einer Analyse des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel werden im Jahr 2030 Menschen ungefähr gleichwertig zwischen Auto, Bussen und Bahnen sowie dem Rad und den eigenen Füßen wählen. Dies prägt schon heute zunehmend den urbanen Lifestyle. Ein Hauptgrund für die Veränderungen auf dem Gebiet der Mobilität sind die Verkehrsprobleme vieler Städte, in denen immer mehr Menschen leben und die insofern immer weniger Platz bieten. Damit wären wir beim zweiten Megatrend: der Urbanisierung. Laut der von der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der EU-Kommission in Brüssel erstellten Datenbank „Global Human Settlement Layer“ (GHSL) gibt es mittlerweile weltweit mehr als 40 Städte mit fünf bis zehn Millionen Einwohnern und 32 Megacitys mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Insgesamt ist der Anteil der Menschen, die in Städten und Ballungsräumen wohnen, stark gestiegen. Nach Prognosen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 fast 70 Prozent der Weltbevölkerung in urbanisierten Lebensräumen leben. Im dicht besiedelten Deutschland sind es heute bereits circa 75 Prozent. Städte sind seit jeher die Orte, wo Lebensstile und Trends entstehen. Mehrere Entwicklungen haben direkten Einfluss auf die Outdoor- und Sportbranche. Die kleine Paddeltour im Kajak auf städtischen Gewässern, Trendsportarten wie Parcours, bei denen die städtischen Kulissen die Herausforderungen einer natürlichen Umgebung simulieren, oder die boomende Kletterszene, die sich vorwiegend in der Halle und an Freiluft-Kletterwänden trifft – diese und andere Phänomene erweitern den Begriff „Outdoor“ über das klassische Verständnis hinaus, jedenfalls für viele. Der frühere Präsident der European Outdoor Group (EOG), John Jansen, erklärte gegenüber dem outdoor.markt: „Wir müssen verstehen und akzeptieren, dass sich das Verständnis von Outdoor wandelt. Die klassischen Outdoor-Aktivitäten wie Wandern und Bergsteigen werden bleiben … aber die Jugend wird selbst definieren,was sie unter Outdoor versteht.“ In Zukunft wird sich zeigen, ob beispielsweise auch Skateboarden von der Outdoor-Industrie mit einbezogen werden wird.
Der moderne, städtische Lifestyle hat zudem dazu geführt, dass Outdoor-Bekleidung auch in den Alltag und die urbane Freizeit Einzug gehalten hat. Ob für die Radfahrt ins Büro, beim Stadtaufenthalt nach einem Kurzausflug in die Natur oder einfach beim Schlendern in der City – sportliche Bekleidung, die modisch up to date ist, aber doch ein gewisses Maß an Funktion, also Nässeschutz und Atmungsaktivität, bietet, ist heute Normalität geworden. „Urban Outdoor“, „Athleisure“ oder „Outleisure“ sind die Kennzeichnungen für diese Art von Outdoor-Bekleidung, die Elemente aus der Mode und dem Sportbereich integriert. Und die Entwicklung geht weiter. Für den Sommer 2020 wagt nun beispielsweise Schuhhersteller Lowa ein „Experiment“, eine Art Mix aus Bergschuh und Sneaker, der in seiner Multifunktionalität – für Stadt und Natur – und stylishen Optik Grenzen sprengt.
Outdoor gegen Bewegungsmangel
Während die genannten Veränderungen Chancen für die Outdoor-Branche mit sich bringen, indem sich neue Zielgruppen erschließen lassen, gibt ein anderes Phänomen, das besonders eklatant in Städten auftritt, auch Anlass zur Sorge: der zunehmende Bewegungsmangel, speziell bei Kindern und Jugendlichen. „Vor allem in den Städten … ist das Problem riesengroß. Viele dort aufwachsende Kinder und Jugendliche bewegen sich buchstäblich gar nicht mehr“, stellt Jansen fest. Von der EOG initiiert, fördert die eigenständige Initiative „It’s great out there“ mit Outdoor-Herstellern und -Händlern gemeinsam mit anderen Playern aus Gesellschaft und Politik gezielt Projekte, um vor allem Kindern den Spaß an Bewegung zu vermitteln. Insofern Outdoor-Aktivitäten geringe Zugangsvoraussetzungen haben – sie sind in der Regel kostenlos und brauchen kaum Gerätschaften wie Bälle oder anderes –, sind sie besonders gut geeignet, Spaß an Bewegung zu vermitteln.
Die sich ausbreitende Bewegungsarmut ist zum einen dem fehlenden Platz und Naturraum für Stadtbewohner geschuldet, zum anderen einem anderen Megatrend: der Digitalisierung. Das Internet ist fester Bestandteil unseres Lebens geworden, dank Smartphone & Co. praktisch jederzeit verfügbar. Die totale Vernetzung im beruflichen wie privaten Kontext schreitet voran. Surfen im WWW und Zocke von Computergames statt Sport und dem Entdecken der Natur, dies ist eine Facette der Digitalisierung. Dabei gibt es natürlich Effekte, die Outdoor-Marken und -Händler direkt betreffen. Online-Shops nehmen den stationären Händlern Käufer weg, Internet-Pure-Player wie Amazon oder Zalando sind für viele Käufer die bekanntesten und komfortabelsten Adressen. Dazu operieren auch viele Marken mit eigenen Onlineshops, wenngleich die meisten betonen, dass ihnen die enge Kooperation mit dem Fachhandel wichtig ist. Seit über 20 Jahren wächst der Online-Handel stetig, der aktuelle Online-Monitor des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zeigt, dass er in Deutschland um 9,1 Prozent gegenüber 2017 gewachsen ist. Interessant ist aber auch etwas anderes: Über alle untersuchten Branchen hinweg hat der Anteil der Käufe zugenommen, denen Recherche im Internet vorherging: von 51 auf rund 61 Prozent. Nicht nur das zeigt, dass es unvermeidlich ist, sich als Marke im Internet zu präsentieren. Dies muss kein eigner Onlineshop mit Kaufmöglichkeit sein, obwohl schon viele Outdoor-Hersteller einen solchen haben – und beispielsweise auch Rucksackspezialist Deuter, für seine Fachhandelsorientierung bekannt, eine eigenen Online-Verkaufskanal angekündigt hat. Nein, es gilt grundsätzlich, die Konsumenten im Netz abzuholen.
Die Marken müssen auch in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, Twitter und anderen präsent sein, viele nutzen sie für ihre Produkt- oder Markenkampagnen. Insgesamt kann in Zukunft wohl nur am Markt bestehen, wer die digitalen Kanäle als Teil eines Gesamtansatzes begreift. Plattformökonomie ist das Zauberwort. Beispielsweise bei Intersport: Alexander von Preen, seit letztem Herbst CEO, umreißt dies so: „Wir verfügen mit über 1.100 Händlern und mehr als 1.800 Anschlusshäusern im Fünf-Länder-Verbund bereits heute über starke regionale Netzwerke. Diese werden wir in Zukunft noch intelligenter miteinander verbinden, um an jedem Kontaktpunkt zum Sport genau das richtige Angebot für unsere Kunden zu haben.“ Die Plattform-Idee bedeutet, dass der Anbieter mehr als Produkte verkauft. Um Erlebnisse geht es, wie sie etwa Online-Händler Bergzeit als Veranstalter von Events wie Schneeschuh-Touren oder längeren Skireisen anbietet. Die Verknüpfungen zwischen solchen Angeboten mit den konkreten Produktangeboten muss fein austariert werden. Einerseits darf der Kunde nicht plump auf Produkte verwiesen werden, andererseits darf das Kerngeschäft Produkt nicht aus dem Auge verloren werden. Auch SportScheck beschreitet unter CEO Markus Resch den Weg zur Plattform, zu einem „Ökosystem für einen aktiven und sportlichen Lebensstil“. Die Einbeziehung der Sporterlebnis-Plattform -Fitfox, über die beispielsweise Fitnessstudio-Angebote sowie die Buchung von Sportevents ausgespielt werden, ist ein Beispiel für diesen Ansatz.
NFC-Technologie
Zielstrebig in die digitale (Outdoor-)Welt marschiert auch Mammut. Der Schweizer Bergsport-Hersteller ist kürzlich als Pilotpartner in ein Projekt von Engelhorn Sports eingestiegen, das seinen Onlineshop zur Plattform transformiert. Engelhorn erhält dadurch Zugang zu über 650 Marken und Retailern aus dem Ökosystem des Softwareanbieters Tradebyte, bestehende Marken im Tradebyte-Pool bekommen die Möglichkeit, ihre Produkte unter prominentem Dach zu platzieren und somit von zusätzlicher Reichweite zu profitieren. Engelhorn und Mammut kooperieren bereits seit Jahren erfolgreich, und Mammut ist Teil des Tradebyte-Pools. „Die Digitalisierung spielt für Mammut eine zentrale Rolle. Die Chancen der digitalen Transformation im Outdoor-Bereich bieten sich der ganzen Industrie. Mammut will diesen Weg gemeinsam mit Partnern gehen“, sagt Mammut-CEO Oliver Pabst.
Eine andere Maßnahme der Schweizer ist die Anbringung von NFC-Chips an seinen Produkten. Die Käufer können sich per Smartphone über die Mammut Connect App registrieren. Sie erhalten damit einerseits eine Garantieverlängerung, andererseits Infos zum Produkt, dazu weitere Features inklusive Fotos und Videos. Zudem gibt’s Toureninformationen und eine Verbindung zur Mammut Alpine School, der firmeneigenen Bergsportschule. Die NFC-Technologie verwendet übrigens auch Deuter bei einigen seiner neuen Rucksackmodellen, sie dient auch der besseren Auffindbarkeit bei Verlust.
Digitale Technologien sind auch im stationären Handel unabdingbar. Tablets fürs Personal zum schnellen Check der Verfügbarkeit eines angefragten Produktes sollten bald eine Selbstverständlichkeit sein. Der Verband Deutscher Sportfachhandel (vds) hat indes einen „Digital-Readiness-Check“ entwickelt. Dieser Selbsttest umfasst die Analyse aller relevanten Handlungsfelder wie Kauf und Kundenerlebnis, Verkauf und Service, Infrastruktur und Organisation sowie die anschließende Formulierung konkreter Handlungsempfehlungen. Rainer Angstl, Geschäftsführer von Sporthaus Schuster, findet den Check sinnvoll: „Ich kann nur empfehlen, diesen Selbsttest durchzuführen.“
Digitale Technologien eröffnen aber auch in der Produktion ganz neue Möglichkeiten. Sie beschleunigen Abläufe – Experten prognostizieren, dass als Folge davon wieder mehr und mehr in Europa gefertigt werden wird. Zum anderen aber werden Hersteller künftig in der Lage sein, den Kunden Bekleidung nach ihren individuellen Wüschen zu liefern. Auf diese Weise hilft Digitalisierung den Outdoor-Marken, den Megatrend Individualisierung aufzugreifen. Bekleidung, die in Größe und Passform auf jeden Kunden speziell zugeschnitten ist, aber vor allem auch im Design dessen individuellen Lifestyle ausdrückt. Bereits seit einigen Jahren bietet etwa Nike online die Möglichkeit, Farbe, Muster und Design zu wählen und so einen spezifischen, persönlichen Schuh zu bekommen.
Schuhhersteller Tecnica stellt Partnerhändlern ein Verfahren für bestimmte Ski- und Wanderschuh-Modelle zur Verfügung, das durch thermoformbares Material eine individuelle Anpassung ermöglicht. Aber auch bei Bekleidung könnten bald Technologien bereitstehen, dies Individualisierung leicht und schnell umsetzen können. „Das ist ein großes Zukunftsthema“, sagt Hortense Carlier, Produktmanagerin bei North Face. Die von den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung koordinierte Microfactory verbindet die 3D-Simulation von Bekleidung direkt mit der Produktion. Die Möglichkeiten der Microfactory wurden schon auf der letzten ISPO und kürzlich auf der „Texcprocess“ in Frankfurt gezeigt.
Ins Mark getroffen
In besonderer Weise wird die Outdoor-Branche vom Megatrend Nachhaltigkeit erfasst. Ein wichtiger Aspekt bei Nachhaltigkeit bezieht sich auf den Erhalt der natürlichen Grundlagen unserer Erde. Und der Bezug zur Natur macht die Identität von Outdoor wesentlich aus, durch diesen grenzt sie sich etwa von Sport oder Mode ab. Deshalb traf es die Branche ins Mark, als sie vor einigen Jahren im Zuge der Greenpeace-„Detox“-Kampagnen in den Verdacht geriet, dass sie mit ihren Produkten selbst die Natur mit zerstört, die der Raum für die Menschen sein soll, die sie mit ihren Produkten anspricht. Inzwischen haben wohl alle erkannt, dass eine Umstellung der Produktion auf umweltverträgliche Materialien und Technologien, die die natürlichen Ressourcen schonen, unabdingbar ist. Für die Zukunft des Planeten und die der Branche, denn sie kann es sich schlicht nicht mehr leisten, diesem Thema nicht gerecht zu werden. Bewegungen wie „Fridays for Future“ oder die politische Entwicklung vor allem hierzulande zeigen, wie wichtig den Menschen dieses Thema ist. Die kürzlich von Öko-Tex zusammen mit dem amerikanischen Marktforschungsunternehmen Anerca International mit rund 11.000 Konsumenten von Kleidung und Heimtextilien durchgeführte internationale Befragung unter dem Titel „The Key to Confidence“ unterstreicht, das die Textilindustrie mit im Fokus ist. 54 Prozent der Studienteilnehmer zeigten sich davon überzeugt, der Umwelt zu helfen und etwas gegen den Klimawandel zu tun, wenn sie weniger Textilien konsumieren.
Worten folgen Taten
Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde. Wer nicht glaubwürdig für nachhaltiges Produzieren steht, wird beim Konsumenten künftig schlechte Karten haben. Zahlreiche Ansätze wurden und werden entwickelt. Recycling und ein Kreislaufsystem in der Bekleidungsproduktion sind zentrale Elemente. Dabei geht es um Ressourcenschonung, Minderung von CO2-Emissionen und die Eindämmung der Plastikmüll-Schwemme. Viele Hersteller arbeiten bereits mit recycelten Materialien. Neuste Entwicklungen betreffen das schwierige Problem des Ausstoßes von Mikroplastik bei Funktionsbekleidung. Ingredient Brands wie Polartec oder Primaloft haben Fasern entwickelt, die einen Ansatz zur Lösung des Problems bieten. Dr. Rüdiger Fox, CEO von Funktionsspezialist Sympatex, sieht insgesamt deutliche Fortschritte: Inzwischen redet fast die ganze Textil- und Outdoor-Branche über Nachhaltigkeit und Klimaschutz – und die meisten lassen ihren Worten auch tatsächlich Taten folgen. Jetzt ist es Zeit, groß zu denken und unsere Energien darauf zu fokussieren, unsere Industrie zu der ersten auf unserem Planeten zu machen, die ganzheitliche Nachhaltigkeit konsequent in der Realität umsetzt.“
Fotos: Oeko-Tex (l.), pixabay.com (r.)