Vollgepackt mit neuen Sachen, die das Leben schöner und einfacher machen, kommt die Outdoor-Branche gegen Ende des Jahres mit neuen Technologien und Funktionen in Bekleidung und Ausrüstung um die Ecke. Mehr Leistung, mehr Komfort und Sicherheit für den Endverbraucher stehen dabei im Vordergrund, und auch der Umweltschutz kommt nicht zu kurz. Dennoch kann und muss speziell in Bezug auf Wearables noch einiges passieren, damit die Branche von der Konkurrenz nicht abgehängt wird.
Früher war alles einfacher. Weniger Auswahl, weniger Stress, weniger Ablenkung. Die Digitalisierung des Alltages, die Masse an Angeboten, sei es bei Bekleidung oder Freizeitangeboten, die ständige Verfügbarkeit aller möglichen Dinge können überfordern. Da kann es schon vorkommen, dass sich der ein oder andere nach der „guten alten Zeit“ zurücksehnt. Doch der Fortschritt hat viele Vorteile und erleichtert das Outdoor-Erlebnis um einiges. Die Bekleidung ist wetterbeständiger, durch Innovationen und Technologien ist Outdoor sicherer und angenehmer geworden. Und die Entwicklungen gehen weiter, Unternehmen forschen und basteln, was das Zeug hält, um das Leben noch angenehmer, einfacher und sicherer zu gestalten. Dazu trägt die Technisierung unseres Lebens bei, überall sind wir online, steuern unser Leben mit Apps und kontrollieren und vermessen unsere Leistungen und unseren Körper in jeder Lebenslage, die Technik ist ein selbstverständlicher Teil des Alltages geworden. Und macht auch vor dem Sport und dem Outdoor-Erlebnis nicht halt. Jede Leistung, jeder Ausflug in die Natur wird bei Instagram, Facebook oder Twitter geteilt, Privatsphäre war gestern. Die Verknüpfung von Bekleidung und Equipment mit Apps und Gadgets, sogenannten Wearables, hat schon vor ein paar Jahren Einzug gehalten in die Bekleidungsbranche. Ob am Handgelenk, in der Schuhsohle oder als Smart Glasses auf der Nase – Wearables steht in den nächsten Jahren ein großer Boom bevor, sagen viele Marktexperten voraus. Virtual Reality-Brillen, Smartuhren und Aktivitätstracker gelten als der nächste große mobile Trend nach dem Smartphone-Boom.
Und werden trotzdem vor allem im reinen Sportmarkt genutzt. Und das mittlerweile fast exzessiv. Fitness-Armbänder, die die Schritte und Kalorien zählen, Lauf-Apps, die die Sportler anfeuern und pushen, Smartwatches oder Running-Bekleidung mit integriertem Pulsmesser und Sensoren sind im Sportmarkt stark vertreten. Anbieter wie Under Armour bieten Shirts mit eingebauten Sensoren an, die den Puls und die Aktivitäten der Sportler messen, selbst Bekleidungs-Hersteller Ralph Lauren hat mit dem „PoloTech“-Shirt ein Shirt mit integrierter Wearable-Technologie im Angebot, Unterwäsche-Designer Victoria’s Secret bietet einen Sport-BH mit Herzmessgerät an. Soft- und Hardware-Hersteller wie Google und Apple mischen mit ihrer Technologie auch kräftig auf dem Markt mit. Wearables liegen im Trend und verheißen auch für den Handel Umsätze.
Neue Zielgruppe
Wearables stellen eine neue Herausforderung, aber auch Chance für die Bekleidungsbranche und vor allem auch für die Outdoor-Branche dar. Technischer Fortschritt, Digitalisierung und Overload galten eine Zeit lang als Anlass, um zurück in die Natur, also Outdoor zu gehen. Doch mittlerweile darf sich keine Branche mehr vor dem Fortschritt verschließen, das würde ihren langsamen, aber sicheren Untergang bedeuten. Vor allem, weil die Digitalisierung neue Möglichkeiten bietet, um neue Konsumenten zu gewinnen, ohne die traditionellen Outdoor-Werte zu verlieren oder zu vernachlässigen. Digitales kann auch als Verbesserung und Unterstützung schon vorhandener Technologie genutzt werden.
Die Demografie der Kunden ändert sich, die „Stammkunden“ werden älter und die Generation der sogenannten Millennials rückt nach. Zu den Millennials zählen all jene, die nach 1980 geboren wurden und mit der Digitalisierung groß geworden ist. Für diese Verbraucher ist es selbstverständlich und normal, ihren Alltag mit dem Smartphone und Internet zu verknüpfen, Outdoor-Abenteuer werden mit Hashtags versehen und in den sozialen Medien geteilt, jeder Schritt wird per App getrackt, alles wird vermessen. Der „2014 -Outdoor Participation Report“ hat ergeben, dass es allein in den Jahren 2012 bis 2013 ein 32-prozentiges Wachstum der Nutzer von Fitness-Apps im Outdoor-Bereich bei den Millennials gab.
Messen, was das Zeug hält
Und trotzdem beschränken sich die Wearables in der Outdoor-Branche noch stark auf Outdoor-Navigationsgeräte, Höhenmessgeräte oder Sensoren, die in Rucksäcke oder Jacken eingebaut sind und dem Lawinenschutz dienen. Garmin, Teasi und Magellan bieten mit ihren tragbaren GPS-Geräten Unterstützung unterwegs oder bei der Vorbereitung einer Tour, die finnischen Unternehmen Suunto und Polar gelten als Vorreiter auf dem Gebiet der Höhenmessgeräte.
Jetzt hat Suunto mit der „Traverse“ eine Outdoor-GPS-Uhr gelauncht, die nicht nur gewohnt robust gebaut ist, sondern obendrein altbekannte Funktionen mit modernster GPS/GLONASS-Navigation kombiniert. Dadurch wird das Planen einer Trekking-Route ab sofort noch unkomplizierter. Denn dank überarbeiteter topografischer Karten in Movescount soll die Navigation merklich vereinfacht werden. Wie alle Suunto-Uhren wird auch die Traverse in Finnland entworfen, getestet und aufwendig von Hand hergestellt. Neben den GPS- und GLONASS-Navigationssystemen kommen Schlüsselstatistiken wie Höhe und Entfernung hinzu, um den Fortschritt unterwegs verfolgen und laufend wichtige Wegmarken speichern zu können. Besonders praktisch ist dabei die Trackback-Funktion – wodurch der zurückgelegte Weg aufgezeichnet, gespeichert und später nachverfolgt werden kann. Zusätzlich ist die Uhr mit einer Aktivitätsaufzeichnung ausgestattet und zählt die täglich zurückgelegten Schritte sowie verbrannten Kalorien.
Sicherheit durch Technologie
Eines hat sich jedenfalls auch in der Outdoor-Branche seit einigen Jahren durchgesetzt: Es wird gemessen, was das Zeug hält – ob Höhe, Temperatur, Luftdruck oder eben auch die Schritte. Alles will kontrolliert und aufeinander abgestimmt sein, kaum etwas wird noch dem Zufall überlassen. Dieser Kontroll-Wahn der neuen Outdoor-Begeisterten, der Millennials, hat aber auch etwas Gutes –
Outdoor ist und wird immer sicherer. Denn auch hier schreitet die Technologie weiter voran. So etwa im Bereich von Sensoren und Ortungsgeräten, die immer sensibler und genauer werden und im Fall einer Lawine Leben retten können. In Sachen Ortung gilt das Unternehmen Ortovox als Vorreiter.
3-in-1-Lawinenschutz
Auch in Sachen Hardware tut sich einiges, etwa im Bereich des Lawinenschutzes. Die Lawinenairbags werden immer ausgefuchster, leichter und zuverlässiger. Sie lassen sich in Sekundenschnelle aufblasen. Die Luftkissen geben dem Ski- und Snowboardfahrer oder Skitourengeher im Falle einer Lawine Auftrieb und können so verhindern, dass der Träger des Airbagrucksacks in der Tiefe der Lawine vergraben wird, sie können eine Ganzverschüttung verhindern. Durch besonders umfassende Sicherheitsfeatures zeichnen sich die Rucksäcke der italienischen Firma Ferrino aus, die mit dem „Full Safe 30“ aktuell den ersten Rucksack mit integrierter Alpride-Airbag-Technologie, RECCO-Reflektor und integriertem Ferrino-Air-safe- Atemgerät auf den Markt bringt. Dieses Atemgerät verbessert die Überlebenswahrscheinlichkeit in einer Lawine und gestattet das Atmen im Fall einer Verschüttung. Dank eines frostsicheren Kugelventil-Systems, anatomischen Mundstücks, stoß- und frostsicheren Schlauchsystems und Funktionsfähigkeit bei extremen Bedingungen vermeidet das Airsafe-System eine Atemsperre, CO2-Bildung im Gesichtsfeld und die Bildung einer Eismaske. Eine Erstickung im Fall einer Verschüttung kann dadurch verhindert werden.
Auch die „alten Hasen“ im Rucksackgeschäft haben für die Skisaison 2015/2016 auf der vergangenen ISPO neue Lawinen-Backpacks vorgestellt. Deuter beispielsweise erweitert seine bewährte „Ontop“-Linie mit ABS-Twinbag-System um den „Ontop Tour“, Mammut setzt mit seinem neuen „Ultralight Removable Airbag“ Maßstäbe in puncto Leichtigkeit: Der Rucksack wiegt mit Carbon-Kartusche nur 1.720 Gramm. Für dieses Modell wurde Mammut dann auch mit einem ISPO Award in der Kategorie Avalanche Safety ausgezeichnet.
Stoffe werden immer leichter
Neue Technologien müssen allerdings nicht zwangsläufig nur etwas mit Sensoren, Mini-Computern oder komplizierten Airbag-Systemen zu tun haben. Es kann sich auch ganz banal um neue Herstellungstechnologien, Fasern oder Isolationsmaterialien handeln. Lightweight ist hier das Stichwort. Stoffe werden leichter und bleiben trotzdem robust, wärmend und isolierend. So hat beispielsweise Primaloft auf der ISPO 2015 seine neue Isolationstechnologie „Silver Insulation Active“ vorgestellt. Dieses Isolationsmaterial bietet eine hohe Atmungsaktivität bei gleichzeitig wichtigen thermischen Eigenschaften.
Die weiche, komprimierbare und wasserabweisende Isolation sorgt für mehr Komfort bei starker aerober Anstrengung, sie ermöglicht durch ein spezielles Wärme-/Gewichtsverhältnis die Ableitung überschüssiger Körperwärme und Feuchtigkeit. „Wir haben in unserer Isolations-Linie nun erheblich mehr Freiheiten bei der Verwendung von atmungsaktiven Funktionsstoffen. Durch diese einzigartige Isolation wird ein Maximum an Vielseitigkeit in Bezug auf den Tragekomfort erzielt, bei optimaler Atmungsaktivität und unvergleichlichen thermischen Vorteilen. ,Primaloft Silver Insulation Active‘ ist die perfekte Lösung für eine Kollektionslinie mit Fokus ,leicht und schnell in den Bergen‘“, sagt Therry -Stephenson, International Marketing Manager von Montane, die „Primaloft Silver Insulation Active“ im „Fireball Verso Pull-On“ für die Herbst-/Wintersaison 2015 und für die Frühjahr-/Sommersaison 2016 verwendet.
Neue Produktgruppen bei Gore
Auch der Funktionsspezialist W.L. Gore & Associates stellte jüngst mit „Gore Thermium“ eine neue Isolationstechnologie, die ab Herbst 2016 zum Einsatz kommen soll, vor und erweitere seine Palette um die Produktfamilie „Gore Windstopper“. Gore will damit dem Endverbraucher mehr Auswahl für wirklich jede Wetterlage bieten. Der neue Ansatz bei „Gore Thermium“ ermöglicht es, das Wärmefutter der Bekleidung vor Nässe von außen zu schützen und es damit trocken zu halten. Hochleistungsfähige und robuste Materialien von Gore sind außen, direkt über dem Isolationsmaterial wie beispielsweise Daune, Synthetikfasern oder Wolle, angebracht. Es entsteht so eine Art Sandwich-Isolation zwischen einem Zwei-Lagen-Laminat und einer Auskleidung. Die Nähte werden hierbei verklebt, denn Steppen ist nicht möglich. Die „Thermium“-Produkte bieten vollen Windschutz und widerstehen durch die wasserabweisende Beschichtung leichten Regen- und Schneeschauern.
Die neue Produktfamilie „Gore Windstopper“ mit neuer Produkttechnologie bietet dem Verwender einen große Bandbreite an Möglichkeiten. Der Schwerpunkt dieser Produkte liegt klar auf absoluter Winddichtigkeit und höchster Atmungsaktivität. Die bisherigen Produkttechnologien „Active Shell“, „Soft Shell“ und „Technical Fleece“ sind nun unter „Gore Windstopper“ zusammengefasst. Damit sind sie für einen breiten Anwendungsbereich geeignet, von Base-Layer oder sehr dünnen und leichten Kurzarm-Trikots fürs Rennradfahren, Softshell- und Hardshell-Anwendungen im Outdoor-Bereich bis hin zu Casual und Business Wear. Ergänzend dazu wurden neue „Gore Windstopper“-Produkte mit leichtem Regenschutz für Nieselregen entwickelt und eine „Windstopper“-Produktgruppe mit Isolationsschutz. Die neuen Textilien nutzen leichtere und weichere Membranen, um maximale Atmungsaktivität und Vielseitigkeit zu erhalten. Kurzkettige DWR-Behandlungen auf dem Oberstoff bieten Schutz vor Regen und Schnee. „Uns ist wichtig, dass sich die Endverbraucher in unseren Materialien wohl fühlen. Bequem ist es nur, wenn es nicht unbequem ist. Es dreht sich alles um das körpereigene Gleichgewicht zwischen Wärme und Kälte. Kleidung und die richtige Isolation ist entscheidend für dieses Gleichgewicht“, sagt Chris Brennan, Produktspezialist bei Gore. „Mit unseren Technologien und Fasern wollen wir zum perfekten Gleichgewicht beitragen.“
Gore hat diese drei neuen Produktfamilien im Zuge einer Umstrukturierung der Textil-Marken vorgestellt. Mit dem Re-Branding der Produkte will sich Gore mehr an die Bedürfnisse der Kunden und Endverbraucher anpassen, um eine größere Reichweite zu erhalten.
Wasserfreies Färben
Während in den Entwicklungsschmieden der Textilhersteller an neuen Materialien getüftelt wird, die weniger oder gar keine Chemikalien wie per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) oder PFOAs (langkettige PFCs) enthalten sollen, um Kleidung wasserabweisend zu machen, konzentrieren sich andere auf Möglichkeiten, Wasser beim Färben der Bekleidung zu sparen. So hat die Yeh Group eine Möglichkeit entwickelt, mit der Kleidung ohne Wasser gefärbt wird. Die DryDye-Technologie verwendet unter Druck gesetztes Kohlendioxid anstelle von Wasser. Da diese Technik vollständig auf die Verwendung von Wasser verzichtet, braucht sie 50 % weniger Energie und 50 % weniger Chemikalien als traditionelle Färbetechniken. Da es sich um ein geschlossenes System handelt, werden 75 % weniger CO2-Emissionen verursacht, und es entsteht kein Abwasser.
Einer der ersten Nutzer dieser Technologie ist der schwedische Oudoor-Bekleidungshersteller Peak Performance. Mit dem „Dyedron“ stellte Peak den ersten Skianzug vor, der mit der DryDye-Technologie gefärbt wurde. Zudem wurde der Skianzug vollständig aus recyceltem und recycelbarem Polyester gefertigt und dafür auf der vergangenen ISPO in der Kategorie Ski-Oberbekleidung mit einem ISPO Award ausgezeichnet. Der schwedische Hersteller hat bei dem Skianzug viel Wert darauf gelegt, dass er möglichst umweltfreundlich gestaltet wurde. So ist „Dyedron“ mechanisch recycelbar, für die Shell wurde eine Kombination aus recyceltem Polyester-Mischgewebe verwendet, das mit einer DWR behandelt wurde, die frei von Fluorkohlenwasserstoffen (PFC) ist. Die Yeh Group ist nicht der einzige Anbieter einer wasserfreien Färbemethode, auch das Start-up-Unternehmen DyeCoo aus den Niederlanden bedient sich der CO2-Färbetechnologie und kann Abnehmer wie Adidas und Nike vorweisen.
Digitales: Chancen für den Handel
Es sind also nicht nur die Wearables und Hardware-Technologien, die für den Markt neue Chancen bieten und die Outdoor-Industrie nach vorne bringen können. Auch neue Entwicklungen im Bereich der Cleantech-Herstellung können der Outdoor-Industrie helfen, sich von anderen Bekleidungsherstellern abzusetzen. Nachhaltigkeit, Technik und spannende Ideen lassen sich auch im Handel gut unterbringen und fördern den Verkauf von Outdoor-Produkten. Mit neuen Hightech-Stores könnten auch die Outdoor-Händler mit ziehen. SportScheck setzt Hightech in seinem neuen Store in Aachen schon um. Es geht aber noch größer und innovativer in Sachen Digital und Shopping-Erlebnis. Doch auch hier hat die Fashion-Branche die Nase vorne, wie man am Beispiel des Burberry-Flagship-Stores in London sehen kann. Dieser Store verbindet schon seit seiner Eröffnung 2012 digitales und reales Einkaufen und gilt als einer der innovativsten Läden. Alle digitalen Erlebnisse der Marke werden hier im Laden erlebbar gemacht, Dazu tragen diverse interaktive, teilweise personalisierte Installationen bei. So verwandeln sich Spiegel auf einen Impuls der in die Kleider integrierten RFID-Chips in Bildschirme, die beispielsweise das entsprechende Teil auf dem Laufsteg zeigen oder zusätzliche Informationen, etwa über den Herstellungsprozess, wiedergeben. Die globale Vernetzung wird ganz direkt spürbar. Die Zukunft steht der Outdoor-Branche offen, sie muss ihre Chancen nur bewusst nutzen.