Das Landgericht Frankfurt am Main hat Rucksackhersteller Deuter untersagt, die Belieferung eines Händlers davon abhängig zu machen, dass dieser die Waren nicht über eine bestimmte offene Handelsplattform vertreibt. Auch die Nutzung von Preissuchmaschinen sei kein Grund für eine Nicht-Lieferung, heißt es in dem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil (AZ 2-03 O 158/13).
Deuter indes will an seinem selektiven Vertriebssystem festhalten und ist in Berufung gegangen. Nun soll das Oberlandesgericht in Frankfurt die rechtliche Zulässigkeit der „Selektiven Vertriebsvereinbarungen“ überprüfen. Nach Deuters Auffassung würden diese durchaus den rechtlichen Vorgaben des europäischen Kartellrechts entsprechen, die die Möglichkeit bieten, Vertriebs-vereinbarungen derart inhaltlich zu gestalten.
Image-Schutz der Marke
Grund für den Rechtsstreit: Der deutsche Rucksackhersteller will seinen Händlern verbieten, Deuter-Ware auf Online-Plattformen zu verkaufen. Das Verbot zielt vor allem auf bekannte Handelsplätze wie Ebay und Amazon. Geklagt hatte ein Händler, der sich mit den von Deuter formulierten Vertriebsrichtlinien nicht abfinden wollte. Dort wird eine Belieferung unter anderem an die Bedingung geknüpft, diese Ware eben nicht über Ebay und Co. weiterzuverkaufen – zum „Schutz des Images der Marke“. Denn hier – so argumentieren viele Hersteller der Branche – würden weder die regulären Preise eingehalten noch sei das gewünschte Beratungsniveau oder Serviceangebot gewährleistet.
Logo-Klausel nicht bindend
Wie Deuter berufen sich darum auch andere Hersteller bei ihren selektiven Vertriebsbeschränkungen auf die sogenannte Logo-Klausel der Europäischen Kommission. Demnach kann ein Hersteller verlangen, dass, wenn sich die Website des Händlers auf der Plattform eines Dritten befindet, Kunden die Website des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen. Nach diesem Wortlaut scheint es Herstellern damit gestattet, den Vertrieb über Drittplattformen generell zu untersagen, denn diese tragen meist ihr eigenes Logo.
Die Frankfurter Richter hingegen argumentierten, dass ein solches Verständnis weder mit Art. 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) noch mit Sinn und Zweck von Artikel 4 lit. C Vertikal-GVO vereinbar sei. Ihrer Ansicht nach würde dies dazu führen, dass Hersteller einen auch nach den tatsächlichen Umsätzen ganz wesentlichen Teil des -Internetvertriebs ohne jegliche qualitative Differenzierung untersagen könnten.
Gespaltene Reaktionen
Online-Lobbyisten wie Oliver Proth-mann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH), begrüßten das Deuter-Urteil als einen „weiteren Punktesieg für den Online-Handel“. Denn nach den Entscheidungen des Kammergerichts Berlin sowie des Oberlandesgerichts Schleswig und des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist das Landgericht Frankfurt nun das vierte Gericht, das gegen Hersteller-Beschränkungen im Internet urteilt. Auch das Bundeskartellamt in Bonn hatte in jüngster Zeit in seinen Ermittlungen gegen -Adidas und Asics pro Online-Handel votiert. In die gleiche Richtung gehen die Wettbewerbsbehörden in Österreich und in der Schweiz. „Das lässt uns zwar optimistisch in die Zukunft schauen, doch der Kampf geht weiter“, so Oliver Prothmann vom BVOH.
Branchenverbände wie der Verband Deutscher Sporthandel (VDS) beäugen die Urteile wesentlich kritischer. Werner Haizmann etwa, Präsident des VDS und der FEDAS (Verband des europäischen Sporthandels), beurteilte die Argumente des Bundeskartellamts gar als „Treppenwitz“. In der jüngsten Entscheidung des Bundeskartellamts bei der Prüfung der selektiven Vertriebsvereinbarungen von Adidas und Asics liege erheblicher Sprengstoff, dessen unkontrollierte Explosion das Gebäude des traditionellen Sportfachhandels zum Einsturz bringen könne, so der Branchenkenner. Die großen Online-Plattformen, welche durch die bisherigen E-Commerce-Regelungen von Adidas oder Asics von der Belieferung mit ihren Markenprodukten mit Recht ausgeschlossen waren, würden sich nicht durch intensive Verkaufsberatung und persönlichen Service auszeichnen, sondern nur über den Preis. Und dieser Preis liege grundsätzlich immer unter den Preisen, mit denen der klassische Sportfachhändler beim Abverkauf seiner Markenprodukte kalkulieren müsse.