Die österreichische Outdoor-Schuhmarke Dachstein feiert in diesem Jahr 95-jährigen Geburtstag. Seit 2019 gehört das Unternehmen zu 100 Prozent dem finnischen Outdoor-Spezialisten Luhta Sportswear. Über diesen Schritt und seine Auswirkungen auf Dachstein hatte der outdoor.markt im vergangenen Sommer mit Brand Manager Christian Wolsegger (Foto) gesprochen. Hier das komplette Interview.
outdoor.markt: Herr Wolsegger, die Luhta Sports Company ist nun hundertprozentige Eigentümerin von Dachstein. In solch einem Fall redet man auch oft von einer „Übernahme“. Stört Sie das Wort?
Christian Wolsegger: Es war das Eingehen einer freiwilligen Kooperation in beiderseitigem Interesse, so würde ich es nennen.
Wie kam es zu der Kooperation?
Luhta ist vor ungefähr eineinhalb Jahren auf uns zugekommen. Sie hatten den Wiederaufbau der Marke Dachstein seit dem Jahr 2013 beobachtet und diesen offenbar sehr positiv eingeschätzt. Sie sind dann an den damaligen Eigentümer, die Austro Holding, herangetreten mit einem Angebot, sich an Dachstein zu beteiligen, um die Expansion und Weiterentwicklung der Marke zu unterstützen. In weiteren Gesprächen wurden die diesbezüglichen Möglichkeiten dargestellt und herausgestellt, dass im ersten Schritt Dachstein durch das internationale Vertriebsnetzwerk von Luhta in den Ländern außerhalb des deutschsprachigen Raumes deutlich stärker aufgestellt sein wird. Die Professionalität von Luhta sowie die Tatsache, dass das Unternehmen in der Outdoor-Branche verwurzelt ist und entsprechend mehr Branchenexpertise mitbringt als der vorherige Eigentümer, haben den Ausschlag gegeben. Im -Sommer vergangenen Jahres hat die Austria Holding dann
49 Prozent an Luhta abgegeben und kürzlich Anfang April die übrigen 51 Prozent.
Wieso war Dachstein für Luhta attraktiv?
Sie sahen in Dachstein einen geeigneten Partner, um die eigene Schuhkompetenz zu stärken, also ihr Portfolio um eine Schuhmarke zu erweitern. Die Marken von Luhta sind sonst eher im Textilbereich verwurzelt, deshalb wird es sich auch wenig überschneiden mit den eigenen Marken, sondern eine Ergänzung zum Portfolio sein.
Welche Veränderungen hat der Übergang in die Luhta-Familie bisher gebracht?
Es gibt natürlich Veränderungen in den Abläufen und Systemen, Prozesse wurden umgestellt. Das Herz der Marke wird weiter in Österreich bleiben. Also Produktmanagement, Design, Kundenservice für den deutschsprachigen Raum und das Marketing bleiben in Salzburg, damit die Heritage der Marke mit ihrer alpinen, österreichischen Herkunft erhalten bleibt.
Was bedeutet das für die Markenausrichtung?
Klar, wir legen die Markenstrategie mit Luhta gemeinsam fest. Grundsätzlich wird sich aber an der Ausrichtung der Marke Dachstein nichts ändern. Unsere Schwerpunkte Wandern, aber auch Urban Outdoor, die wir in den letzten Jahren gesetzt haben, werden auch weitergeführt werden.
Welche Rolle spielt der Lifestyle-Aspekt, der sogar im Firmen-namen Dachstein Outdoor & -Lifestyle GmbH steckt?
Ein moderner Touch ist uns wichtig. Aber wir wollen eine Outdoor-Marke bleiben und keine Modemarke werden. Wir bieten funktionelle Schuhe, Outdoor-Schuhe, Wanderschuhe, die wir aber modern interpretieren, was wir mit Lifestyle und in gewissem Grad mit modischen Trends unterstreichen. Aber ganz gewiss wollen wir keine reine Lifestyle-Marke werden.
Erklären Sie uns genauer, wie Luhta Dachstein beim Vertrieb auf internationalen Märkten helfen kann?
Mit Dachstein hatten wir hatten in diversen Ländern Vertriebspartner, Distributoren und Agenturen, aber gerade in großen Ländern wie Frankreich, Benelux, Skandinavien oder Russland hat Luhta mit eigenen Vertriebsorganisationen und Angestellten ganz andere Möglichkeiten. Man hat jetzt auch noch mal in den Schuhvertrieb investiert, mit eigenen Leuten, die sich auf Schuhe konzentrieren: So ist man insgesamt wesentlich schlagkräftiger und professioneller, als man es mit einer Agentur sein kann, wo man eine von mehreren Marken ist. Das ist der größte Vorteil im Vertrieb. Dazu profitieren wir von der guten Position, die Luhta als Lieferant in diesen Märkten schon hat.
Auf welche Märkte und Regionen wollen Sie sich mit Dachstein besonders konzentrieren?
Grundsätzlich ist der deutschsprachige Raum der wichtigste Markt für uns und wird es auch bleiben. Aber auch die anderen, die ich genannt habe, sind sehr interessant für uns. Dazu ist auch Asien im Blick.
Wie sind Sie und Luhta dort augenblicklich aufgestellt?
In Japan und Hongkong waren wir mit Dachstein mit guten Partnern vertreten, das bleibt auch unter Luhta so bestehen. In China soll die künftige Strategie Schritt für Schritt festgelegt werden, aber im Outdoor-Bereich ist das schwierig, gerade was höhere Preislagen betrifft. Luhta ist in China am Markt vertreten, die Chancen für eine höherpreisig angesiedelte Marke wie Dachstein muss man ausloten.
Wie entwickelt sich der Markt für Outdoor-Schuhe aus Ihrer Sicht grundsätzlich?
Das ist ein nach wie vor sehr stabiler Markt mit leichtem Wachstum. Für die Händler bieten Schuhe im Großen und Ganzen ein stabiles Geschäftsfeld über zwölf Monate hinweg, das recht ertragsstark ist. Aber es ist stark besetzt von wenigen etablierten Marken, sodass es für neue -Marken eine große Herausforderung ist, das aufzubrechen und ihren Platz zu finden.
Und inhaltlich ist vor allem der Trend zur Kombination von Funktion und Lifestyle prägend?
Ja, das Segment ist moderner geworden. Die Zielgruppe beim Thema Outdoor und Wandern ist inzwischen recht groß, auch viele junge Menschen gehören dazu, dadurch sind Aspekte wie Optik, Design und Lifestyle -wichtiger geworden. Das birgt auch die Chance, die ein oder andere Nische zu finden, wie es uns mit den Strickmaterialien gelungen ist.
Ein Trend im Outdoor-Bereich -insgesamt ist Nachhaltigkeit. Bei Schuhen kein einfaches Thema …
Stimmt. Speziell in dem Segment, wo wir unseren Schwerpunkt setzen, wo es stark um Funktion geht. Der Konsument verlangt wasserdichte Schuhe, rutschfeste Sohlen, eine gewisse Langlebigkeit, dass Nähte gut vernäht sind, dass der Kleber hält. Das alles, muss man ganz ehrlich feststellen, kann nicht immer mit zu 100 Prozent nachhaltigen Materialien umgesetzt werden. Dieser Tatsache sieht sich jeder Schuhhersteller in unserem Segment ausgesetzt. Wir versuchen, wo möglich nachhaltige Materialien einzusetzen, beispielsweise statt Mesh oder Nylon Econyl aus wiederverwerteten Fischernetzen, und Leder aus zertifizierten Fabriken und Gerbereien. Außerdem achten wir darauf, die Transportwege in der Europa-Produktion kurz zu halten.
In welchen Ländern lassen Sie -fertigen?
In Italien, Rumänien, Asien – ein in der Branche durchaus üblicher Split. In einigen Kategorien hat Europa spezifische Vorteile, etwa bei Obermaterialien wie Leder. Asien dagegen hat Vorteile bei Mesh und Nylon. Wir haben vor fünf, sechs Jahren gesagt, dass es uns wichtig ist, einen Teil unserer Produkte in Europa fertigen zu lassen, dem werden wir auch weiter treu bleiben.
Sie haben einen eigenen Onlineshop. Bedeutet das, dass Sie auf diesen Vertriebsweg einen besonderen Fokus legen, oder hat der Fachhandel Vorrang?
Der Verkauf an unsere Einzelhändler ist und wird auch in den nächsten Jahren den größten Teil unseres Umsatzes ausmachen. Die Umsätze über unseren Onlineshop, wo wir zum UVP verkaufen, um dem stationären Fachhandel keine Konkurrenz zu machen, machen nur einen kleinen Teil aus. Aber er ist trotzdem notwendig für uns, sozusagen Schaufenster der Marke, in dem das Sortiment abgebildet ist. Damit unterstützen wir auch den Verkauf beim Fachhändler. Wir bieten auch die Möglichkeit, Händler an unsere Website anzubinden, sodass sie an den Umsätzen partizipieren.
Apropos Umsätze: Wie haben die sich bei Dachstein in den letzten Jahren entwickelt?
Wir haben in den letzten Jahren jeweils 20 bis 30 Prozent Umsatz dazugewonnen. Das wollen wir fortsetzen, indem wir den deutschsprachigen Markt noch stärker durchdringen, aber auch internationale Märkte weiter aufbauen.
20 bis 30 Prozent ist eine ganze Menge …
Ja, wir waren auch sehr zufrieden. Und das war auch ein Grund, warum Luhta auf uns zugekommen ist. Gerade unser internationales Potenzial haben sie auch gesehen. Jetzt gilt es, mit Luhta zusammen den Weg fortzusetzen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview ist in der Ausgabe 7/2019 des outdoor.markt erschienen.
INFO: Dachstein & Luhta
Dachstein wurde 1925 als Schuhmacherei gegründet und war viele Jahre mit Berg- und Skischuhen erfolgreich, im Skibereich ist die Marke inzwischen nicht mehr aktiv. 2013 startete Dachstein mit der neu gegründeten Firma Dachstein Outdoor & Lifestyle GmbH einen Markenrelaunch, Eigentümer war die Austro Holding. Seit April 2019 ist die finnische Luhta Sportswear Company hundertprozentige Eigentümerin. Das Unternehmen ist mit über 245 Mio. Euro Umsatz und 1.700 Mitarbeitern einer der größten Sportbekleidungshersteller in Skandinavien, mit Marken wie Luhta, Icepeak oder Rukka. -Dachstein (ca. 10 Mio. Euro Umsatz 2017) hat seinen Sitz in Salzburg, das Unternehmen hat elf Mitarbeiter, die sich um Design, Produktmanagement und Marketing kümmern. Die Marke ist im mittleren bis hochpreisigen Segment angesiedelt, sie arbeitet im Bereich Materialien und Technologien mit Partnern wie Gore-Tex (Membran) und Vibram (Sohle) zusammen.