outdoor.markt: Herr Schnell, gegen Ende des vergangenen Jahres war bei Intersport von kleinen Baustellen, Stellschrauben und Zukunftsplänen die Rede. Nun ist eine gewisse Zeit vergangen – wie weit sind beispielsweise die Punkte „Digitalisierung“, „E-Commerce“ und „Gutscheinkarte“ vorangeschritten?
Jochen Schnell: Das Thema Digitalisierung ist definitiv das Thema, das uns derzeit am meisten beschäftigt. In vielen Bereichen bringen wir die Digitalisierung voran, ob im Ladenbau, in der Aufbereitung von Daten für unsere Händler, beim Datenaustausch mit der Industrie oder mit dem Relaunch unseres Online-Shops, der zu einem digitalen Marktplatz weiterentwickelt wird. Hier sind wir gerade dabei, die einzelnen Projektschritte zu definieren und die technischen Voraussetzungen für die Implementierung zu schaffen. Bei einem solchen Mammut-Projekt ist es wichtig, alle Faktoren von vornherein zu berücksichtigen. Auch die Gutscheinkarte ist ein Teil unserer Digitalisierungsstrategie, mit der wir unter den Verbundgruppen einen USP schaffen. Die neue elektronische Karte ist ab sofort bei unseren Händlern verfügbar. Damit wird die Abrechnung der Gutscheine um ein Vielfaches leichter und eine optimale Kontrolle und Transparenz für unsere Händler hergestellt. Ein
nächster Schritt ist die Drittvermarkung der Gutscheinkarte. Das heißt, künftig können Kunden die Intersport-Gutscheinkarte auch an Tankstellen oder in Supermärkten kaufen.
Outdoor- und Wintersport sind nach wie vor Umsatztreiber, wobei man ja seit einigen Jahren nur noch mit viel gutem Willen von einem richtigen Winter sprechen kann. Wie will Intersport vor allem hier angreifen? Das Wetter können Sie ja auch nicht beeinflussen, wie also soll der Wintersport weiter gefördert werden und im Fokus der Kunden bleiben?
Wintersport ist trotz der unvorhersehbaren Witterung nach wie vor ein wichtiger Erlebnisbereich, auf den wir setzen. Es stimmt, dass sich einige Prozesse verändern müssen, um unseren Händlern das Geschäft mit dem Wintersport zu erleichtern. Dazu gehören beispielsweise flexiblere Liefertermine, die wir derzeit mit der Industrie verhandeln. Der Fachhandel ist hier auf Prozesse angewiesen, die eine schnellere Reaktion auf Nachfrage- und Wetter-Entwicklungen erlauben. Außerdem werden wir den Wintersport weiterhin verstärkt vonseiten des Marketings unterstützen. Kooperationen wie mit der Initiative „Dein Winter. Dein Sport.“ sind dabei essenziell. Deshalb werden wir unsere Partnerschaft auch im kommenden Jahr fortführen, um uns gemeinsam für den Wintersport zu engagieren. Auf dem Plan steht auch 2017 wieder das Felix-Neureuther-Schulcamp. Das erste Camp haben wir dieses Jahr erfolgreich durchgeführt und eine Klasse zum Skifahren mit Felix Neureuther geschickt. Mit solchen Aktionen wecken wir bei Kindern und Eltern gleichermaßen Begeisterung.
Der Marktdruck ist immer noch groß, mehr und mehr Online-Stores kommen auf den Markt, auch greifen die Discounter wie Decathlon an und wollen sich zum Platzhirsch ausbauen. Wie kann Intersport da reagieren, welche Möglichkeiten nutzen Sie?
Das Wichtigste für den Sportfachhandel ist, sich offensiv der Veränderung im Markt zu stellen. Der Kunde rückt mehr und mehr in den Fokus. Wir müssen uns die Fragen stellen: Was möchte unser Kunde? Was treibt ihn um? Auf welche Weise möchte er angesprochen werden? Bei diesen Themen ist entscheidend, dass wir die Daten von unseren Kunden intelligent auswerten, um die nötigen Maßnahmen abzuleiten. Weiterhin setzen wir im Ladenbau auf Tools, die dem Kunden ein echtes Einkaufserlebnis bieten. Das ist der entscheidende Unterscheid zu Online-Shops. Mit passenden Marketingkampagnen, einem ansprechenden Ladendesign und einem Warenangebot, das sich genau an den Kundenbedürfnissen orientiert, werden sich die Intersport-Händler auch künftig gegen den Wettbewerb behaupten können. Durch unser herausragendes Akademie-Angebot zur Weiterbildung und Förderung der Verkaufsmitarbeiter stärken wir zusätzlich die Service- und Beratungskompetenz am Point of Sale. Das sind Punkte, die Kunden beim Einkauf heute sehr wichtig sind und auch morgen noch sein werden.
Sport, Gesundheit und Körperbewusstsein sind Megatrend-Themen, vor allem bei jungen Leuten und in den Sozialen Netzwerken. Inwiefern sind diese Trends Thema bei Intersport, wie reagieren Sie darauf und wie machen Sie sich diese Trends zunutze?
Schon seit Langem spielt das Thema Gesundheit für Intersport eine bedeutende Rolle, deshalb haben wir bereits 2014 unsere Initiative „Sport ist die beste Medizin“ gestartet. Mit unserer Kampagne „FitGesund“ gehen wir noch einen Schritt weiter. Wir bieten unseren Händlern nicht nur ein durchdachtes Flächenkonzept im Bereich Gesundsport für ihr Geschäft, sondern sorgen auch für die NOS-Warenversorgung. Ergänzt wird das Thema um ein Kundenevent, bei dem Fitness und Gesundheit im Vordergrund stehen. Das Event „FitGesund“ wird im September in Warnemünde stattfinden. Mit der einzigartigen Kombination aus Fitnesskursen, Testmaterial und einem ansprechenden Rahmenprogramm bieten wir unseren Kunden etwas, das es in dieser Form in Deutschland noch nicht gibt. Mit dem Event positionieren wir Intersport als Spezialisten für die Bereiche Gesundheit und Fitness – ein riesiger Markt, von dem unsere Händler profitieren werden, vor allem, weil es ein Ganzjahresthema ist, das nicht so sehr vom Wetter beeinflusst wird.
Die Outdoor- und Sport-Branche ist sowohl im Handel als auch in der Industrie einem ständigen Wandel, hohem Tempo und der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet unterworfen – wie muss sich Intersport verändern, um dem Wandel gewachsen zu sein?
Es stimmt, das Tempo, das der Markt vorlegt, ist rasant. Themen, die früher mehrere Jahre Bestand hatten, haben heute oftmals nur eine Halbwertszeit von wenigen Monaten. Dieser Veränderung müssen wir uns stellen. Viele Zukunftsthemen haben wir in unserer Strategie 2020 angepackt: Digitalisierung, Handel 4.0, intelligentes Datenmanagement etc. Entscheidend bei der Umsetzung ist, gemeinsam mit unseren Händlern Lösungen zu finden und den Mut zu haben, neue Wege zu gehen. Als handelnde Personen in Heilbronn brauchen wir dafür das Vertrauen der gesamten Intersport-Familie. Das fängt in den Köpfen an. Ein Beispiel: Nur wenn wir als Gemeinschaft mehr Verbindlichkeit gegenüber der Industrie herstellen können, werden wir auf Sicht Partner Nummer 1 auf Handelsseite bleiben.
Zurzeit herrscht in der Outdoor-Branche eine merkwürdige Stimmung – Manager nehmen ihren Hut, die Umsatzzahlen scheinen zu stagnieren, die Innovationen lassen auf sich warten. Empfinden Sie als Händler-Verbundgruppe dies ähnlich, kommt diese unsichere Stimmung auch bei Ihnen an? Woran könnte dies liegen?
Zunächst einmal muss man sagen, dass der Outdoor-Bereich nach wie vor einer der umsatzstärksten Erlebnisbereiche ist, die wir haben. Auch wenn die Jahre des großen Booms vorbei sind, können wir trotzdem kontinuierliche Umsatzsteigerungen feststellen. Klar ist aber auch, dass vor allem die großen Outdoor-Marken zunehmend verlieren. Das liegt unter anderem daran, dass Sortimente nicht mehr zielgruppengerecht oder zu breit aufgestellt sind. Hinzu kommt oftmals eine sehr hohe Preiskultur, die viele Kunden nicht mehr bereit sind zu bezahlen. Marken mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen im Wettbewerb. Hier sind wir mit unserer eigenen Marke McKinley hervorragend aufgestellt.
Was wünschen Sie sich vonseiten der Industrie für die Zukunft? Was kann besser gemacht werden? Was könnte sich ändern, um die Verunsicherung, Stagnation und Starre auf-zuheben beziehungsweise zu durchbrechen?
Die Industrie muss gemeinsam mit dem Handel einen Weg finden, ihre Sortimente wieder gezielter an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten. Dazu kann unter Umständen gehören, dass Sortimente geschärft werden müssen. Gemeinsam mit der Industrie wollen wir geeignete Strategien erarbeiten, um das Warenangebot für unsere Händler wieder attraktiver zu gestalten. Dazu zähle ich Abverkaufsstrategien, die die erzielten Margen verbessern, aber auch Flächenkonzepte, die es den Händlern erleichtern, aus der Vielzahl an Produkten ein stimmiges Angebot zusammenzustellen. Außerdem machen gemeinsame Aktionen, wie beispielsweise Events in Innenstädten, Sinn, um die Frequenz zu erhöhen und den Outdoor-Sport zu bewerben.
Was macht die Outdoor-Branche aus, dass sie, trotz ursprünglichem oder teilweise noch immer vorhandenem Nischendasein, recht beständig ist und bislang starken, schwer-wiegenden Schwankungen kaum unterworfen oder ausgesetzt war?
Outdoor ist nach wie vor ein überaus beliebter Sport. Das zeigen die Teilnehmerzahlen bei unserem Outdoor-Test-Event „Gipfeltreffen“ genauso wie die anhaltende, positive Umsatzentwicklung dieses Erlebnisbereiches. Der Trend, in der Natur aktiv zu sein, ist ungebrochen und spricht eine sehr breite Kundengruppe an. Ich gehe davon aus, dass der Outdoor-Bereich auch in den kommenden Jahren eine für uns ganz wesentliche Rolle spielen wird.
Vielen Dank für das Gespräch.