Zwei Studien des Institut für Handelsforschung GmbH Köln und des ECC Köln haben ergeben, dass der Online-Handel in Deutschland ungebrochen steigt. Zudem belegen Anteile der Vertriebsformen stetes Marktwachstum für Multi-Channel-Händler, die Zukunft des Handels liegt laut der Studien im Cross-Channel-Handel.
Die Kauflust der Deutschen im Netz ist ungebrochen und ein Ende des Online-Wachstums ist noch lange nicht in Sicht. Eine Studie des Institutes für Handelsforschung (IFH) aus Köln zeigt: Seit 2010 wächst der deutsche Online-Handel um mindestens vier Milliarden Euro pro Jahr. Die Zahlen der neuen IFH-Studie „Branchenreport Online-Handel 2015“ zeigen: Das prozentuale B2C-E-Commerce-Wachstum verlangsamt sich zwar ein wenig, die Wachstumsraten sind aber weiterhin zweistellig. So wuchs der deutsche Online-Markt 2014 um 11,3 Prozent und auch für das laufende Jahr rechnen die IFH-Experten mit einem Zuwachs von über zehn Prozent. Die IFH-Datenerhebung basiert auf Umsatzangaben zu den einzelnen Unternehmen sowie statistischen Daten zu Handelsunternehmen. Die Ergebnisse werden anhand vielfältiger eigener Befragungen und mithilfe der umfangreichen IFH-Datenbanken sowie weiterer Quellen überprüft und plausibilisiert.
Somit wird der Online-Handel 2015 das aktuelle Marktvolumen von 42 Milliarden Euro (2014) erneut um über vier Milliarden Euro auf rund 46 Milliarden Euro (2015) steigern können. „Unsere Zahlen belegen ein stetiges Online-Handelswachstum für die vergangenen Jahre mit zweistelligen Zuwachsraten von Jahr zu Jahr. Die Entwicklung des B2C-E-Commerce lässt sich klar nachzeichnen. Für mich steht deshalb völlig außer Frage, dass wir auch in den kommenden Jahren weiterhin erheblich wachsende Online-Umsätze sehen werden“, so Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln.
Multi-Channel-Händler holen auf
Auch wenn das anhaltende Online-Handelswachstum bezogen auf den Handel insgesamt vor allem zulasten der Umsätze stationärer Händler geht, holt der stationäre Handel im Netz auf. Internet-Pure-Player bleiben zwar mit einem Anteil von 37,7 Prozent (2014) online die dominierende Vertriebsform, doch Multi-Channel-Händler können mit einem Anteil von 30,7 Prozent (2014) weiter leicht Boden gutmachen.
Laut Hochrechnung werden die ursprünglich stationären Händler 2015 mit ihren Online-Shops das dritte Jahr in Folge anteilsmäßig leicht wachsen können. „Das zeigt, dass sich die zahlreichen Bemühungen in Sachen Cross-Channel langsam auszahlen. Aber: Das bedeutet noch lange keine Entwarnung für den stationären Handel insgesamt. Händler, die sich der Digitalisierung verschließen, werden immer weiter Marktanteile verlieren“, warnt Kai Hudetz.
Pure Player gelten als innovativ
Cross-Channel-Handel ist die einzige Zukunft für große Handelsunternehmen. Schon heute werden Multi-Channel-Händler von den deutschen Konsumenten durchweg positiver wahrgenommen als rein stationäre Händler und Online-Pure-Player. Die Deutschen halten Händler, die beide Kanäle bedienen, für innovativer, kundenfreundlicher, spannender und sympathischer. Stationäre Händler gelten zwar im Vergleich zu Online-Pure-Playern als altmodisch, punkten dafür jedoch mit Seriosität und Vertrauen. Pure Player gelten vor allem als innovativ.
Das zeigt die aktuelle Cross-Channel-Studie von ECC Köln und hybris software „Cross-Chanel im Umbruch – Das Informations- und Kaufverhalten der Konsumenten Vol. 7“. „Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass es schlichtweg keine Alternative zu Cross-Channel gibt. Die Kanaldenke war gestern und die Zukunft gehört den Händlern, die ihre Kanäle optimal miteinander verzahnen – sowohl in der Kommunikation zum Kunden als auch im Vertrieb“, so Dr. Eva Stüber, Leiterin Research & Consulting am ECC Köln.
Marken kanalübergreifend bilden
Dem Informationsprozess kommt im Cross-Channel-Zeitalter eine besondere Bedeutung zu. Preisinformationen stehen an erster Stelle. Insbesondere bei der Online-Informationssuche steht der Preisvergleich im Vordergrund, während stationär die Information zu Produkteigenschaften eine wichtige Rolle spielt. Einzig bei Katalogen schafft es das Thema Inspiration und Anregung unter die Top 3 Informationsgründe: Knapp 29 Prozent der Online-Shopper, die sich vor dem Kauf in Katalogen informiert haben, holten sich hierüber Anregungen. Printmedien sind also weiterhin wichtige Impulsgeber für die digitale Handelswelt.
Dies ist insbesondere für die Markenbildung relevant – Kaufanreize müssen auch außerhalb des etablierten Vertriebssystems gesetzt werden. Multi-Channel-Händler müssen ihre Kompetenzen in der kanalübergreifenden Mehrwertgenerierung bewusst forcieren und konsequent als Wettbewerbsvorteil ausspielen.
Digitalisierung ändert Verhalten
„Die Studie belegt auf hervorragende Weise, dass sich auch der stationäre Handel durchaus gegenüber den Online-Pure-Playern behaupten kann. Wichtig ist nur, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen – der Preis eines Produktes ist schließlich nicht alles, vor allem wenn Kunden sich beraten lassen, anfassen und ausprobieren möchten“, sagt Michael Hubrich, Senior Vice President MEE, hybris und SAP Customer Engagement and Commerce. „Wer es schafft, seine Beratungskompetenz über physische und digitale Kanäle anzubieten und den Kunden somit überall und zu jeder Zeit zur Seite zu stehen, wird auch weiterhin das Vertrauen und die Sympathie dieser genießen.”
Stationäre Geschäfte haben also auch zukünftig eine klare Daseinsberechtigung. Händler können sich jedoch, so sieht es jedenfalls Dr. Kai Hudetz, nicht mehr nur darauf verlassen, dass das Ladengeschäft der einzige Brührungspunkt mit dem Kunden ist. Er sagt, dass die Digitalisierung das Konsumentenverhalten – den zentralen Treiber für Veränderungen im Handel – in den vergangenen Jahren grundlegend verändert habe. Das Internet und zuletzt insbesondere das mobile Surfen seien fester Bestandteil des Alltags vieler Konsumenten. Das gelte natürlich auch in puncto Shopping. Für Unternehmen bedeutete das konkret: Wer online nicht präsent ist, findet einfach nicht mehr statt. Darauf müssen sich Händler dringend einstellen.