Verantwortung und Nachhaltigkeit

28. Juli 2015

Zwei Jahre ist es her, dass in Indien eine Textilfabrik einstürzte. Nun steht der Entschädigungsfond für Opfer und Angehörige bereit. Mittlerweile hat auch die Industrie reagiert, große Textilkonzerne sind vor Kurzem dem Bündnis für nachhaltige Textilien beigetreten. Die Outdoor-Branche versucht seit Jahren, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Unmenschliche Arbeitsbedingungen, giftige Chemikalien bei der Produktion und lachhaft niedrige Lohnniveaus in Textilfabriken, vor allem im asiatischen Raum, einstürzende Fabrikgebäude, fehlender Brandschutz – Skandale, die in den vergangenen Jahren immer wieder für Aufrufe nach Veränderungen in der Textilbranche sorgten. Besonders der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 hatte weltweit Empörung und Entsetzen ausgelöst. Trotzdem kam es immer wieder zu ähnlichen Vorfällen, viel schien sich nicht zu ändern.

Mit gutem Beispiel vorangehen

In Deutschland standen an erster Stelle Hersteller wie Kik, C&A, H&M oder Inditex und andere Konzerne in der Kritik. Die Outdoor-Branche dagegen ging schnell und vor allem sehr viel früher mit gutem Beispiel voran und beweist, dass mit menschen- und umweltfreundlichem Handeln gewinnbringend produziert werden kann. Beitritte namhafter Hersteller wie Vaude oder Deuter zur Fair Wear Foundation, die sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Textilherstellung einsetzt, die Umstellung auf nachhaltige und umweltschonende Produktionsmethoden vieler Hersteller oder die Weiterverwendung der Warenproben oder Überbestände sind nur ein paar der Beispiele, die zeigen, wie es auch gehen kann. Das ist in der Textilbranche durchaus nicht selbstverständlich. Anfang Juni standen die Beitritte großer Hersteller, Verbände und Bekleidungsmarken wie Hugo Boss, H&M, Adidas oder des Bundesverbandes der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI) zum Bündnis für nachhaltige Textilien des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung relativ groß in den Medien. Auch Schöffel, Deuter, Vaude und Elkline gehören dem Bündnis an, wobei Vaude und Elkline schon seit Beginn an mit von der Partie sind.

Das Ziel: Deutschland als Vorreiter

Im Herbst 2014 wurde das Bündnis von Entwicklungsminister Gerd Müller auf den Weg gebracht. Es soll für bessere Arbeitsbedingungen und Sozial- und Umweltstandards in den ausländischen Produktionsstätten deutscher Unternehmen sorgen. Hehre Ziele und in den Augen einiger Unternehmen wohl zu ambitioniert. Von Haftungsrisiken, nicht realisierbaren Einzelregelungen und vorschnellem Aktionismus war in Industrie und Handel die Rede. Kaum ein Konzern aus der Industriebranche trat dem Bündnis bei. Doch pünktlich zum G7-Gipfel wurden einzelne Kriterien entschärft, jetzt zogen auch die Konzerne mit. Denn der Aktionsplan des Entwicklungsministers und somit Deutschlands soll international Vorreiter für die Bemühungen auf dem Weg zu fairen Standards in den globalen Lieferketten sein. Dadurch sollen Tragödien wie in Bangladesch und die Ausbeutung von Mitarbeitern in Entwicklungsländern bald der Vergangenheit angehören.

Umstellung der Produktion

Verantwortung und Nachhaltigkeit werden in der Outdoor-Branche schon seit einigen Jahren großgeschrieben, die Verbindung zwischen Mensch und Natur ist schließlich Grundstein des Geschäfts. Seit einigen Jahren schon wird hier der Fokus auf umweltfreundliche Produktionen, weniger Chemie und einen möglichst geringen Wasserverbrauch bei der Herstellung gelegt. So hat die Fachgruppe Outdoor des BSI schon im September 2012 erklärt, aus der PFOA-Nutzung aussteigen und die Produktionsprozesse umstellen zu wollen. Einige Hersteller verzichten mittlerweile auf den Einsatz fluororganischer Verbindungen (PFC), die bei vielen Outdoor-Produkten aufgrund ihrer wasser-, schmutz- und ölabweisenden Wirkung verarbeitet werden, im Herstellungsprozess jedoch ein hohes Risiko für Mensch und Natur darstellen, da sie nicht beziehungsweise kaum biologisch abbaubar sind. Technologien wie beispielsweise die DryDye-Technologie, die beim Färben von Stoffen auf Wasser verzichtet und den Einsatz von Chemikalien um 50 Prozent verringert, werden von immer mehr Bekleidungsherstellern genutzt. Auch international tut sich einiges: Das Umweltbewusstsein ist gewachsen, immer neue Produktionstechnologien werden entwickelt. Textilexperte Polartec beispielsweise produziert in Kooperation mit Unifi Inc. ein Garn, das zu 100 Prozent aus recycelten PET-Flaschen hergestellt wird.

Slow-Fashion belebt das Geschäft

In den USA gilt der Outdoor-Hersteller als Vorzeigeunternehmen der Modebranche und Vorreiter der Slow-Fashion-Bewegung. Das Unternehmen spendet ein Prozent des Einkommens und zehn Prozent des Gewinns an Umweltorganisationen. Vor Kurzem hat das Unternehmen bekanntgegeben, sich einen relativ strengen Kodex aufzuerlegen, um die Arbeiter vor allem in den Zulieferbetrieben in Taiwan vor Ausbeutung zu schützen, nachdem bekannt wurde, dass Arbeiter dort bis zu 7.000 Dollar an Jobvermittler zahlen mussten. Nun wurde ein Standard für Wanderarbeiter mithilfe der Arbeitsrechtsorganisation Verité entwickelt, der alle Aspekte der Beschäftigung abdeckt. Das Beispiel Patagonia zeigt auch, dass nachhaltiger und bewusster Konsum das Geschäft beleben kann. Seit die Outdoor-Marke seine Konsumenten zu bedachtem und entschleunigtem Verbrauch anhält, hat das Unternehmen seinen Umsatz fast verdoppelt – in diesem Jahr soll sogar die 60- Millionen-Dollar-Marke geknackt werden.

 

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