In München erstrecken sich auf wenigen Kilometern zwischen Stachus und Isartor mittlerweile an die 30.000 Quadratmeter Verkaufsfläche Sport. Mittendrin: Platzhirsch Sporthaus Schuster , seit über 100 Jahren eine Institution an der Isar. Geschäftsführer Rainer Angstl erzählt im outdoor.markt, wie man sich so fühlt, eingekesselt zwischen SportScheck, Globetrotter, Karstadt und Co.
outdoor.markt: Herr Angstl, ein schweres Jahr liegt hinter Ihnen …
Rainer Angstl: Ja, München war in letzter Zeit kein einfaches Pflaster. Unsere Zielsetzung war, alle Kraft darauf zu verwenden, die Kunden zu binden – und wir haben uns aufgestellt mit dem Schwerpunktthema unserer neuen Kundenkarte, dem „Gipfelstürmer“. Ein halbes Jahr nach der SportScheck-Neueröffnung, drei Jahre nach der Globetrotter-Eröffnung, einem starken Karstadt-Sporthaus und vielen Mono-Label-Stores steht unser Haus am Marienplatz jedenfalls auf einem guten Fundament.
Sind gute Beratung und Kundenbindung das Geheimrezept?
Es gibt von der Familie Schuster einen Grundsatz, und diesen teilen alle Mitarbeiter: Wir sind dem Kunden gegenüber zu einer Gastgeberrolle verpflichtet. Wenn er zur Tür hereinkommt, kommt er als Gast – und das genau ist unser Mantra. Dazu brauchen wir gute und authentische Mitarbeiter, die den Sport, den sie verkaufen, auch selber betreiben. Diese Mitarbeiter haben wir jetzt übrigens mal in einer Werbekampagne in den Vordergrund gestellt. Das wirkte nicht aufgesetzt und kam gut an.
Wie sieht der Service in Ihrem Haus konkret aus?
Seit Januar verfügen wir über einen komplett neuen Service-Ablauf im Haus. Im Untergeschoss befindet sich ein neuer Kundendienst, wo wir alle Umtausche und Reklamationen machen. Wir wollen dem Käufer beweisen, dass er stationär das gleiche oder ein besseres Serviceangebot hat wie im Internet. Der Kundendienst wird von zwei sehr guten Leuten bearbeitet, die auch in den kritischsten -Fällen selbst entscheiden -können – im Zweifel auch immer kulant. Dafür sollen sich die -Mitarbeiter in den Verkaufs-abteilungen auf die Beratung und den kaufwilligen Kunden konzentrieren -können.
Das ist zunächst sicher ein hoher Aufwand …
Ja, aber ich glaube, der Kunde merkt sich das. Das gilt auch für unsere inzwischen berühmte Infotheke gleich am Eingang – so etwas gibt es woanders gar nicht mehr. Dort sind wir sozusagen Concierge für alle Gäste und Münchner. Wenn jemand zum Beispiel den Jack-Wolfskin-Laden sucht, helfen wir ihm auch -weiter, obwohl wir Jack Wolfskin im Haus nicht führen. Ebenso geben wir Empfehlungen für Golfsport und Fitness-Groß-geräte. Der Kunde nimmt das sehr dankbar auf, es spart ihm Zeit und gibt Orientierung.
Spüren Sie das neue SportScheck-Stammhaus?
Natürlich haben wir die Eröffnung des neuen SportScheck-Hauses gespürt. Das können wir nicht leugnen, wenn ein Laden mit 10.000 Quadrat-metern aufmacht. So wie andere -vorher unser Jubiläum sicher auch gespürt haben dürften. Allerdings haben wir gleich eine Gegenstrategie gefahren mit unserer Sortiments-offensive im -Skischuh- und Tourenbereich. Und die ist aufgegangen. Dafür haben wir Fläche freigesetzt, weil wir das Thema Snowboard zum Beispiel komplett auf-gegeben haben. Das war eine sehr mutige Entscheidung, aber es hat geklappt.
Sie haben die Kunden gehalten. Hat sich auch das Einzugsgebiet vergrößert?
Wir machen keine Abfrage von Postleitzahlen. Mein Bauchgefühl jedoch sagt mir, dass sich die Sporteinkaufskräfte eher auf die City von München konzentriert haben. Und dann kommt der Kunde automatisch am Marienplatz vorbei und hoffentlich auch zu uns.
Ist das Angebot in dieser Dichte nicht schon überreizt?
Ich denke, die Luft ist dünn geworden, und ich weiß nicht, ob alle Markenstores in der Umgebung dabei so glücklich werden. Einige haben ja auch schon wieder zugemacht. Wir haben sieben Jahre auch den North-Face-Laden und fast 20 Jahre den Lacoste-Store in unserem zweiten Geschäft Sport Münzinger betrieben. Beide Mono-Label-Flächen haben wir aus einer Komplexität heraus wieder aufgegeben. Wir wollen uns auf das Kerngeschäft konzentrieren, und das sind Schus-ter, Münzinger und der Online-Store. 4.500 Quadratmeter am Marienplatz mit zwei komplett unterschiedlichen Konzepten (Schuster Outdoor/Sport und Münzinger Fußball/Lifestyle, Anm. d. Red.) sind ein Fulltime-Job, wenn man das ordentlich machen will. Allein die Mechanismen im Online-Geschäft sind aufreibend: Das Deutschland-Trikot war zum Beispiel schon vor dem ersten WM-Spiel der Deutschen flächendeckend bundesweit heruntergesetzt. Das ist Wahnsinn, wir haben das auch nicht mitgemacht und stellen auch hier unseren Service in den Vordergrund. In diesem Fall beflocken wir die Trikots aller 32 WM-Mannschaften, circa 200 verschiedene Spieler. Das gibt es sonst nirgends.
Schuster stand immer hauptsächlich für Bergsport. Stimmt das so noch?
Ich glaube, das ist ein Trugschluss, wenn man sich unser Konzept anschaut und unseren Markenkern kennt. Wir haben drei Warenwelten: Einmal das, wo wir in der Tat herkommen: die Warenwelt „Fels und Eis“. Dann gibt es „Outdoor und Schneesportarten“, das ist die umsatzstärkste. Und schließlich führen wir noch die Warenwelt „Urban & Aktiv“, mit allen Aktivsportarten, die in der Stadt betrieben werden, wie „Running, Fahrrad, Fitness und Yoga“. Diesen Bereich sehen wir als Freizeitprogramm im urbanen Umfeld für den Bergsportler. Dort wachsen wir stark, und da werden Trends gesetzt. Bergsport entwickelt sich auf hohem Niveau, aber der Hype ist -vorüber. Die Modekarawane ist schon weitergezogen.
Es gibt aber noch Lücken beziehungsweise Positionen, die man besetzen kann?
Wir haben zum Beispiel unsere Running-Abteilung komplett neu gestaltet. Dort sehe ich noch große Möglichkeiten. Den Bereich „Women“ haben wir mit Nike neu aufgesetzt und ausgebaut. Es gibt also einiges Neues, und wir fühlen uns nicht unwohl damit. Im Münzinger-Store haben wir unser Fußball- und Lifestyle-Konzept noch einmal verändert, und das läuft auch hervorragend.
Herr Angstl, wir bedanken uns für das Gespräch.